Sieg im AchtelfinalUnd plötzlich läuft fast alles für die Schweiz
Die Eishockeyaner erleben gegen Tschechien auf vielen Ebenen ein fast perfektes Spiel. Nun treffen sie im Viertelfinal am Mittwoch auf Finnland.

Das nennt man Timing. Da ruft die Mannschaft von Nationaltrainer Patrick Fischer im bislang wichtigsten Moment des Olympiaturniers ihre beste Leistung ab.
Und dann spielen auch noch die Hockeygötter mit, falls es denn diese wirklich gibt: In den drei verlorenen Gruppenspielen konnte die Schweiz das «Puck Luck», das nicht wirklich beeinflussbare Glück bei Abprallern, kaum je für sich beanspruchen, was sich auch mit je einem Eigentor in allen drei Spielen bemerkbar machte. Gegen Tschechien sprang nun der Puck fast 60 Minuten lang für die Schweiz.
Zum Beispiel hier: Es gab auch gegen die Tschechen zwei Szenen, in denen ein Schweizer (Killian Mottet und Raphael Diaz) jeweils um ein Haar den Puck ins eigene Tor gelenkt hätte, das Zentimeter-Glück war dieses Mal aber auf der Schweizer Seite.
Oder hier: Leonardo Genoni spielte gross auf. Doch in allen wenigen Situationen, in denen auch der Schweizer Goalie die Übersicht kurz verlor und der Puck vor ihm wild zwischen stochernden Feldspielern hin und her sprang, fiel kein Treffer. In einem Spiel, in dem es einer Mannschaft nicht läuft, sind das normalerweise alles Gegentore.
Die defensive Ordnung wieder gefunden
Natürlich gewann die Schweiz nicht wegen Glücksgöttern alleine. Sie machte vieles auch richtig. Sie fand zu ihrem defensiv stabilen Spiel zurück, das sie im letzten Gruppenspiel beim 3:5 gegen Dänemark verloren hatte.
Oder genauer gesagt: Das sie im Mitteldrittel gegen Dänemark verloren hatte. Denn eigentlich spielten die Schweizer bloss in diesem zweiten Drittel gegen die Dänen wirklich schlecht, dieses trübte aber den Gesamteindruck nachhaltig.
Die Ordnung in der eigenen Zone stimmte also wieder, das war die Grundlage für den Sieg. Die Schweiz hatte mit Mirco Müller zudem einen wirklich guten Defensivsoldaten im Team, der auch im Boxplay die kleinen Dinge richtig machte.
Das Spiel erinnerte lange Zeit an die beiden Begegnungen mit Russland (0:1) und Tschechien (1:2 nach Penaltyschiessen) in der Gruppenphase, als die Schweiz zwar gut verteidigte, aber bei 5-gegen-5-Hockey nur wenige gute Torchancen kreieren konnte.
Die Reaktion auf das 0:1
Entscheidend zur Wende zum Guten war der unverhoffte Rückstand nach gut zehn Minuten. Verteidiger Lukas Klok erwischte Genoni mit einem Weitschuss aus dem Nichts, nun musste aus Schweizer Sicht Schlimmes befürchtet werden.
Fischers Team reagierte einerseits cool, indem sie ihren Gameplan nicht verzweifelt verwarf, andererseits aber mit dem nötigen und bislang bei Olympia so vermissten Zorn im Abschluss.
Das 1:1 im Powerplay nur fünf Minuten nach dem Rückstand war so ein richtig schöner mit Wucht erzwungener Treffer, weil sich Calvin Thürkauf und Torschütze Andres Ambühl (erstes Olympia-Tor bei der fünften Teilnahme!) im Slot parkiert und doppelt nachgesetzt hatten. Und bei Mottets 2:1 nur 13 Sekunden später reagierte der Schweizer erneut zielstrebig auf einen frei liegenden Puck vor dem tschechischen Tor.
Powerplays im richtigen Moment: Auch hier lief alles für die Schweiz. Im Mitteldrittel, als sie mehrfach arg unter Druck geriet, halfen die Tschechen zwei Mal mit einem Foul. Und das Schweizer Überzahlspiel war diesmal stark. Denis Malgin nutzte auch das zweite Powerplay, und im dritten hätte durchaus schon das 4:1 fallen können – was dann aber doch des Guten wohl zu viel gewesen wäre.
Im Schlussdrittel verteidigten die Schweizer zumeist intelligent, scheuten auch Befreiungschläge nicht, entschieden sich aber meistens für die smarte Variante der Befreiung. Und erneut schossen sie einen Treffer im richtigen Moment: Raphael Diaz’ 4:1 fünf Minuten vor Schluss erledigte die Tschechen mental endgültig – auch wenn kurz danach Roman Cervenka im Powerplay nach wunderbarem Assist David Krejcis das wohl schönste Tor des Spiels zum 2:4 gelang. In Gefahr, die Führung noch zu verspielen, gerieten die Schweizer aber nicht mehr.
Das 4:1: Ein Treffer für den Coach
Apropos 4:1-Treffer: Dieses Tor dürfte Fischer besonders gefreut haben, da alles, was ein Coach jeweils verlangt, da drin war: Fabrice Herzog, der einen Zweikampf an der Bande gewann und den Puck in der Zone hielt. Sven Andrighetto, der hinter dem Tor schneller als drei Tschechen auf die freie Scheibe reagierte. Torschütze Raphael Diaz, der an der Bande sofort abdrückte, und schliesslich wieder Herzog, der sich mittlerweile vor dem tschechischen Tor platziert hatte und Goalie Simon Hrubec die Sicht nahm.
Diese Elemente wird Fischer nun auch gegen Finnland sehen wollen. So schnell kann es dank des speziellen Olympia-Modus gehen: Nach drei (Gruppen-)Spielen und drei Niederlagen im Elend, fehlt der Schweiz nach dem ersten Sieg nur noch ein weiterer Erfolg, um mitten im Medaillenkampf der Top-4 dabei zu sein.
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