Von Kopf bis Fuss: Vielversprechende StudienergebnisseScheinfasten kann bei Krebstherapie helfen
Eine klinische Studie bestätigt, was Laborversuche vermuten liessen: Sogenanntes Scheinfasten kann die Wirkung einer Chemotherapie verstärken.

Fasten und seine Effekte stehen bereits seit längerer Zeit im Rampenlicht der biologischen und medizinischen Forschung. Dabei wurde vor allem das klassische Fasten, also der gänzliche Verzicht auf Nahrung, untersucht. Neue Untersuchungen belegen, dass mit dem sogenannten Scheinfasten – auch bekannt als «Fasting Mimicking Diet (FMD)» – erfolgversprechende Ergebnisse möglich sind.
Das Scheinfasten ist eine besondere Methode des Heilfastens, bei der im Gegensatz zum klassischen Heilfasten gegessen werden darf. Der Vorteil: Dabei geht die Muskelmasse nicht verloren und die Patienten werden nicht zusätzlich geschwächt. Die vom italoamerikanischen Gerontologen Valter Longo an der University of Southern California entwickelte 5-Tage-Diät reduziert nicht einfach die Kalorien, sondern setzt auf eine ganz bestimmte Zusammensetzung von Nährstoffen. Dies versetzt zwar den Stoffwechsel in einen dem wirklichen Fasten ähnlichen Zustand, führt aber nicht zum fortschreitenden Gewichtsverlust, was gerade für Krebspatienten wichtig ist.
Dr. Longo zerstreut somit auch die Bedenken in Bezug auf Fastenkuren und erklärt, dass es keinerlei Hinweise auf mögliche Gefahren des Fastens gäbe. Stattdessen lägen überzeugende Beweise dafür vor, dass das Fasten äusserst vorteilhaft sei.
Je schwächer der Tumor, desto stärker die Therapie
Studien mit Mäusen zeigten, dass durch diese Diätform die Antitumorwirkung einer Chemotherapie verstärkt werden kann. «Ursache für diese Wirkung könnte das ‹Konsumverhalten› von Tumoren sein», erklärt das «Deutsche Gesundheitsportal» in einer Zusammenfassung der Studie. «Diese verbrauchen eine grössere Menge an Glucose als gesunde Zellen und brauchen zudem bestimmte Nährstoffe wie spezifische Aminosäuren und Fette. Durch eine bestimmte Diät soll also vermieden werden, dass die spezifischen Nährstoffbedürfnisse eines Tumors erfüllt werden. In Verbindung mit der richtigen Behandlung soll die Diät so die Therapiewirkung verstärken.»
Dass das nicht nur bei Mäusen funktioniert, zeigen Forscher des «Unit of Immunotherapy of Human Tumors» der «Fondazione IRCCS Istituto Nazionale dei Tumori» in Mailand in einer Humanstudie, die im wissenschaftlichen Fachmagazin «Cancer Discovery» publiziert wurde.
An dieser ersten klinischen Studie zu diesem Thema nahmen 101 Patientinnen und Patienten mit 18 verschiedenen Tumortypen teil, darunter 56 mit Brustkrebs, 10 mit Darmkrebs und 7 mit Lungenkrebs. Die Probandinnen und Probanden unterzogen sich mehreren Zyklen der Scheindiät, auf die jeweils eine Phase mit regulärer Ernährung für jeweils 16 bis 23 Tage folgte. Mit jedem Zyklus verringerte sich zwar der BMI der Patienten um etwa 4,5 Prozent, doch zwischen den Fastenzyklen nahmen sie das verlorene Gewicht wieder zu. Die Forschenden sehen das als Zeichen dafür, dass Scheinfasten für Krebspatienten gut verträglich ist.
Gesteigerte Anti-Tumor-Aktivität
Das Scheinfasten führte bei den Studienteilnehmenden zu einer Abnahme des Blutzuckerspiegels, also der Glucose, die den Tumor «füttert», sowie zu einer Reduktion des Insulinspiegels und von sogenannten Wachstumsfaktoren. Diese Effekte führten zu einer besseren Wirkung der individuellen Therapien, denen sich die Patientinnen und Patienten unterzogen.
Bei einem Teil der Probanden wurde auch die Wirkung der Scheindiät auf das Immunsystem untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die Diät das Immunsystem so beeinflusst, dass seine Anti-Tumor-Aktivität gefördert wird. Auch auf der Tumorebene habe die Diät die Anzahl der Krebsbekämpfungszellen gesteigert, stellt die Studie fest. Dies führe dazu, dass die Betroffenen stärker auf die Therapie ansprechen und sich ihre Prognosen verbesserten. Die Forschenden stellten zudem fest, dass einige dieser immunologischen Veränderungen offenbar von Dauer sind: Sie waren auch nach über 40 Tagen nach dem letzten Scheinfasten-Zyklus noch nachweisbar.
Natürlich kann Scheinfasten allein den Krebs nicht besiegen. Die Studie zeigt jedoch, dass Fasten beziehungsweise Diäten, die Fasteneffekte nachahmen, eine ernst zu nehmende Kraft haben, konventionelle Krebstherapien wirksam zu unterstützen.
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