Schlägt Bier den Wein?
Welches Getränk macht das Rennen? Bier oder Wein? ZU-Redaktoren Flavio Zwahlen und Daniela Schenker sind sich uneins.

PRO
Flavio Zwahlen, Redaktor
Die Tage werden kürzer, die Temperaturen gehen zurück. Der Herbst kündigt sich an. Und mit ihm Dutzende Oktoberfest-Nachahmungen in der Region. Ich bereite mich derzeit auf das Wiesn-Original in München vor.
Dorthin reist man vor allem aus einem Grund: um Bier zu trinken. Nicht nur, weil durchgehend Party gemacht wird, sondern weil man auch qualitativ gutes Bier aufgetischt bekommt. Daraus ergibt sich mein erstes Argument. An der Wiesn hat man die Wahl zwischen 13 Bierzelten und nur einem Weinzelt. Der klare Beweis, dass sich mit Bier besser feiern lässt. 1:0 für Bier.
Klar, Wein ist nicht das Partygetränk Nummer eins und wird eher zu einem guten Nachtessen serviert. Aber das geht auch mit Bier. So passt ein helles Lager zu leichteren Speisen wie Salat, Fisch oder Poulet. Dunklere Biere trinkt man eher zu Braten, Steak oder zu süssen Speisen. Punkt für beide. Neuer Zwischenstand: 2:1 für Bier.
Wer einen ausserordentlich guten Wein trinken will, muss sein Portemonnaie weit öffnen. Ein edler Tropfen kostet mehrere Hundert oder gar über tausend Franken. Ein gutes Bier erhält man schon zum Preis von 5 bis 10 Franken. Bier ist also im Vergleich zu Wein günstiger und dadurch mehrheitsfähiger. Was aber nicht heissen soll, dass Wein ungeniessbar ist. Ich habe nichts gegen ein Glas davon einzuwenden. Der Preis-Check geht aber klar ans Bier, 3:1!
Besoffen macht beides. Wein ist mit über doppelt so vielen Volumenprozenten Alkohol effektiver als Bier. Aber die Diskussion dreht sich zum Glück nicht um Kampfsaufen, sondern um Genuss. Ist man dennoch irgendwann beschwipst, kann es vorkommen, dass Gläser verschüttet werden. Rotwein verursacht in solchen Fällen grosse Katastrophen. Die Flecken sind von Möbeln, Wänden und Textilien nur schwer zu entfernen. Beim Bier ist das anders. Das kann ich nach etlichen Bierduschen an Sportveranstaltungen bestätigen. Der Flecken-Punkt geht demnach auch ans Bier.
Der Endstand lautet 4:1 zugunsten des Biers. Lediglich als Essensbegleiter kann der Wein mithalten. Die Statistik der Eidgenössischen Alkoholverwaltung stützt mein Resultat. Im Jahr 2016 wurden in der Schweiz 2,85 Millionen Hektoliter Wein konsumiert. Zum Vergleich: Das sind 1,9 Millionen gefüllte Badewannen. Im gleichen Jahr wurden in der Schweiz 4,62 Millionen Hektoliter Bier getrunken, 3 Millionen Badewannen voll. Punkt für Bier!
flavio.zwahlen@zuonline.ch
KONTRA
Daniela Schenker, Redaktorin Zürcher Unterländer
«Wer Wein trinkt, schläft gut.Wer gut schläft, sündigt nicht. Wer nicht sündigt, wird selig. Wer also Wein trinkt, wird selig.» Shakespeare war ein kluger Geist. Hat er je ein Gedicht zum Thema Bier verfasst? Da haben wir es doch schon! Getrunken haben soll er es zwar hin und wieder ganz gerne, aber tiefgründige Gedanken war der Gerstensaft ihm eben doch nicht wert. Vollstes Verständnis, Mister Shakespeare. Ich könnte auch nur bedingt philosophieren mit einer Bierdose in der Hand.
Denn so ein Bier, das trinkt man meist nebenbei, nicht selten im Stehen. Damit ist es für die meisten so etwas wie ein «Fast Drink», also der Döner unter den Getränken. Wer sich dagegen einem Glas Wein zuwendet, der hat in der Regel Zeit, einen Sitzplatz und im Idealfall eine passende kulinarische Begleitung auf dem Teller. Essen und Wein, das ist so etwas wie eine Paarbeziehung, die mit Liebe, aber auch mit Sachverstand gepflegt werden will. Wer sich die Zeit dafür nimmt, hat ganz einfach einen Sinn für die schönen Momente des Lebens.
Zugegeben: Die Bierfraktion holt auf. Bierbraukurse, Bierseminare, Bier-Sommeliers, Bierakademien. Aber seien wir ehrlich: Ein Getränk, dessen Mindesthaltbarkeitsdatum nach ein paar Monaten abläuft, kann einer über Jahre gehegten Preziose meines Geburtsjahrgangs nie und nimmer die Stange halten. Bier ist im besten Fall eine erfreuliche Momentaufnahme, Wein bringt eine Geschichte mit.
Einer Weinflasche begegnet man mit Respekt. Das beginnt bei der Lagerung, geht über das Öffnen und endet erst nach dem letzten Schluck. Ich musste auf meinen Waldspaziergängen jedenfalls noch nie eine leere Flasche Bordeaux Premier Cru vom Boden aufheben und entsorgen. Welche Biermarke angesagt ist, kann ich am Grillplatz ablesen. Dort lassen die bierseligen Runden, wenn sie ihrer Sinne nicht mehr mächtig sind, die Gebinde gerne liegen. Ein guter Wein hat seinen Preis.Das erstaunt nicht angesichts der Liebe, Pflege und Arbeitsstunden, die in einen einzigen Rebstock investiert werden. Der Rebensaft eignet sich deshalb, sieht man vom Fussel im Tetrapak ab, nur bedingt als Basis für ein Besäufnis. Wein ist eben kein Getränk für den schnellen Durst – er ist ein Genussmittel. In diesem Sinne leere ich die Bierflasche nach dem Rasenmähen und geniesse das Glas Roten in angenehmer und geistreicher Gesellschaft und werde – ganz im Sinne Shakespeares – ein klein wenig selig.
daniela.schenker@zuonline.ch
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