Schulkinder retten Amphibien vor dem Strassentod
18 Schulkinder und ihr Lehrer Theo Hurter haben am Montag früh Frösche und Kröten über die Weinigerstrasse zum Harlacherweiher in Regensdorf getragen. Sie haben die Tiere so vor dem sicheren Strassentod bei ihrer Wanderung in den Weiher bewahrt.

«Das war grausam», sagt Theo Hurter in Erinnerung an seinen allerersten Einsatz mit einer Klasse als Fröschli- und Chröttli-Retter. «Es hat mich schier umgehauen, und auch die Schüler waren ziemlich ge-schockt.» Der Däniker Primarlehrer gab seinen Einstand am Harlacherweiher in Regensdorf im Frühjahr 1994 – dem bis heute absoluten Rekordjahr an der Amphibien-Wanderroute, die unterhalb des Tennisclubs Harlachen vom Gubristwald über die Weiningerstrasse zum Weiher führt.
Sage und schreibe 11 161 Tiere – rund 10 800 Erdkröten, 200 Grasfrösche und 170 Bergmolche – wurden in jenem Frühjahr von Helferinnen und Helfern des Naturschutzvereins Regensdorf (NVR) und Kindern der örtlichen Primarschule Ruggenacher und eben erstmals vom Däniker Schulhaus Rotflue in Kübeln über die Strasse getragen und beim Weiher wieder freigesetzt.
«Die im Boden eingegrabenen Fangkübel waren randvoll – ich habe die Tiere dann einfach in die kleineren Kübel der Kinder geschöpft, und so sind wir zwei Stunden lang zwischen Froschhag und Weiher hin und her und hin und her», so Hurter.
Am Montag dieser Woche geht es beschaulicher zu. Mit vier Autos und elterlicher Unterstützung sind Lehrer Hurter und 18 Mittelstufen-Kinder um 7.15 Uhr beim Tennisclub eingetroffen. Auf dem Parkplatz erklärt er ihnen, weshalb es die Tiere über die Strasse ans Wasser zieht und wie sie vor dem Überfahrenwerden zu retten sind.
Insbesondere die Erdkröten sind unerbittlich fix programmiert – sie müssen zum Laichen im Frühjahr an das Gewässer zurückkehren, wo sie selber die Metamorphose vom Ei über die Larve (Kaulquappe) zum Frosch beziehungsweise zur Kröte durchgemacht haben. Viele tragen bereits das Männchen huckepack auf dem Rücken.
Mit dem Männchen auf dem Rücken und dem Laich im Bauch, braucht ein Tier 20 Minuten, um über die Strasse zu kommen. Die Autos kommen hier mit 80 Stundenkilometern angebraust. Neun von zehn Tieren würden kaputt gehen», erklärt der Lehrer. Im Weiher geben die Weibchen dann den Laich ab, der von den Männchen befruchtet wird. Danach macht sich ein Teil der Tiere auf den Rückweg, ein Teil hoppst übers Feld Richtung Dällikon in den Wald.
Die Schüler werden in vier Gruppen aufgeteilt und gehen inBegleitung des Lehrers oder eines Elternteils dem Hag nach, von Kübel zu Kübel. Die gefangenen Tiere werden gezählt und für die Statistik erfasst. Weil die Tiere in der Dämmerung wandern und es in der Nacht noch stark abkühlt, sind sie noch nicht in grossen Zügen unterwegs. Nur 24 Erdkröten, 4 Grasfrösche und ein kleiner Bergmolch finden sich an diesem Morgen in den Fangkübeln – 300 hatten Theo Hurter und seine Frau am milderen Freitag zuvor über die Strasse getragen.
«Das Amphibien-Thema habe ich gewählt, weil man vieles direkt in der Natur beobachten kann und sich die Kinder aktiv und fassbar mit diesen Tieren auseinandersetzen können», erklärt Theo Hurter. Wer will, kriegt am Weiher auch ein Tier direkt in die Hand – fast alle wollen, auch wenn manche ihren verwunschenen Prinzen gegenüber noch etwas skeptisch sind und die Hände von sich strecken. Die einen nehmen gerne die angebotenen Plastikhandschuhe, die anderen nehmen die Strampeltiere in die baren Hände.
Nach drei Viertelstunden ist die Aktion um. Die Tiere streben dem Wasser zu, die Kinder etwas weniger strebsam zur Schule. Auf dem Rückweg gibts traditionell ein «Krötengipfeli» vom Dälliker Beck. Am Tag darauf kommen Viertklässler von Lehrerin Olga Gonzáles zum Einsatz, darauf weitere Klassen aus dem Schulhaus Ruggenacher, wo sie seit elf Jahren unterrichtet und seit sechs Jahren die Einsätze der verschiedenen Klassen koordiniert.
Bei Theo Hurtermachen die Kinder freiwillig mit, die Aktion beginnt daher auch früh, ausserhalb der Schulzeit. Im Ruggenacher wird die Übung ins Fach «Mensch und Umwelt» eingebettet und ist Pflicht ab der Mittelstufe. «Natürlich muss kein Kind ein Tier in die Hand nehmen, wenn es nicht will», sagt Olga Gonzáles.
«Sie machen aber sehr gerne mit, und es ist schön zu beobachten, wie sie beim ersten Mal sehr sorgfältig zu Werke gehen, manche noch etwas mulmig; beim zweiten Mal geht es schon recht gut und beim dritten Mal übernehmen sie die Sache schon ganz selbständig.» Noch bis Ende Monat queren in den Morgenstunden Regensdorfer und Däniker Schulkinder mit Hunderten Chröttli und Fröschli die Weiningerstrasse. Prinzessinnen und Prinzen sind sie alle – Autofahrer mögen entsprechend achtungsvoll fahren.
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