Rassismusdebatte in EnglandSchwarz, sympathisch, rechts
Nach den rassistischen Ausfällen englischer Hooligans wehrt sich der konservative Aktivist Calvin Robinson dagegen, England kollektiv zu diffamieren.

Man solle jetzt mit diesen pauschalen Vorwürfen aufhören, die Engländer seien rassistisch, schreibt Calvin Robinson, der ebenso kontrovers wie intensiv diskutierte englische Publizist, Politbererater und Kampagnenleiter. Dass die drei jungen, schwarzen Spieler ihre Penaltys gegen Italien verhauten und in der Folge rassistisch attackiert wurden, hält er für ein Minderheitenprogramm aus den sozialen Medien.
Auch die Kritik an der englischen Regierung, sie habe wiederholt rassistisch geredet und gehandelt, weist Robinson im konservativen «Telegraph» scharf zurück. Zugleich begrüsst er, dass Tausende seiner Landsleute die englische Zivilgesellschaft als Ausdruck der Toleranz verteidigen.
Das heisst nicht, dass Robinson die politische Haltung der Gegenprotestierenden teilt. Von der Geste des Niederkniens zum Beispiel, mit der auch die englische Mannschaft ihr Engagement gegen Rassismus ausdrückte, hält er nichts. Das bekräftigte er kürzlich im Streitgespräch mit dem linken, ebenso beredten Folksänger Billy Bragg. Die Geste der Mannschaft sei «disgusting» gewesen, sagte er. Robinson reagiert allergisch auf alle Versuche, Differenzen moralisch wegzubügeln; er hält diese für verlogen.
Er sei «eine Kokosnuss», ein «Hausneger»
Dass es in seiner Heimat Rassisten gibt, hat er selber erlebt. Denn Robinson ist schwarz, das heisst, seine Eltern sind je schwarz und weiss. Damit sei er eine «Kokosnuss», wie ihn Rassisten beschimpften, während ihn Einwanderer und «ausser Kontrolle geratene» Linke wegen seiner rechtsbürgerlichen Ansichten als «Hausneger» diffamiert hätten.
Calvin Robinson, ein ehemaliger Lehrer aus der mittelenglischen Stadt Mansfield, begann seine journalistische Karriere aus einer Frustration heraus. In einem Artikel für den «Daily Mail» warf er seinen Lehrerkollegen vor, sie würden ihre Schüler einer «linken Gehirnwäsche» unterziehen.
Seither misstraut er einer Pädagogik, die Antirassismus unterrichten möchte. Er findet das Vorgehen unwirksam und herablassend. Zudem könne sich diese Haltung gerade gegenüber Kindern aus der Arbeiterklasse negativ auswirken.
Robinsons Ansichten machen deutlich, wie wenig er von der Haltung «linksextremer Aktivisten» hält, wie er sie nennt. Ausserdem findet er diese alles andere als harmlos. Sie würden jungen Menschen aus ethnischen Minderheiten den irrigen Eindruck vermitteln, die englische Gesellschaft halte sie vom Aufstieg fern – statt die «enormen Fortschritte» seines Landes im Kampf gegen Rassismus anzuerkennen.
Was der Brexiteer nicht sagt
Was Calvin Robinson als Brexiteer nicht sagt: England verfällt seit der Abstimmung vor fünf Jahren einem wachsenden Chauvinismus. Damit sorgt das Land weltweit für Irritationen und bei Ausländerinnen und Ausländern in England für Verstörung. Für manche drückt sich der englische Nationalismus in einer wachsenden Fremdenfeindlichkeit aus. Nicht nur Einwanderern gegenüber, die sich in England um Billigjobs bewerben. Sondern auch im Umgang mit Ausländern, die zum Teil seit Jahrzehnten in England wohnen, teilweise sogar mit Engländerinnen und Engländern zusammenleben.
Mit dem Brexit, kommt es einem vor, haben sich Teile von Grossbritannien vom Ausland ebenso schroff abgewandt wie von den Ausländern im Landesinnern.
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