CVP-Politiker über Nordkorea: «Die guten Seiten des Sozialismus»
Nationalrat Claude Béglé twittert begeistert über seine Erlebnisse im totalitären Staat. Damit verärgert er seine Parteikollegen.

Der Waadtländer CVP-Nationalrat Claude Béglé befindet sich auf einer zehntägigen Reise durch Nordkorea, wie das Onlineportal «Watson» schreibt. In den sozialen Medien zeigt er sich beeindruckt von der sozialistischen Diktatur.
Nach dem Besuch einer Textilfabrik vermeldet er auf Twitter: «Die Löhne sind niedrig (CHF 50 pro Monat), aber alles wird vom Staat kostenlos zur Verfügung gestellt: Reis und die wichtigsten Lebensmittel, Unterkunft, Gesundheit, Bildung. Und es funktioniert viel besser, als wir es uns hätten vorstellen können.»
Les salaires sont bas (50 CHF par mois), mais tout est fourni gratuitement par l’Etat: le riz et les principales denrées alimentaires, le logement, la santé, l’éducation. Et ça marche bien mieux qu’on aurait pu l’imaginer. 2/2 pic.twitter.com/ufSr3zDvlC
— Claude Béglé (@ClaudeBegle) July 20, 2019
Das gut vorbereitete Programm hält auch kulturelle Aufführungen mit Kindern für den Schweizer Politiker bereit. Diese haben es Béglé offensichtlich angetan: «Das sind die guten Seiten des Sozialismus, bemüht um den Zugang zu Wissen und Kultur.»
C’est le bon côté du socialisme, avec un véritable effort en matière d’accès au savoir et à la culture. 2/2 pic.twitter.com/LkroWqR6fL
— Claude Béglé (@ClaudeBegle) July 20, 2019
Keine Freude an Béglés Nordkorea-Euphorie haben hingegen einige seiner Parteikollegen. Besonders erstaunt zeigt sich Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach gegenüber RTS. «Die Tatsache, dass er sich von so vielen Dingen beeindrucken lässt, überrascht mich sehr», sagte sie gegenüber dem Fernsehsender. Kim Jong-un sei ein Diktator, der unangemessene Dinge tue.
Auch der CVP-Vizepräsident Charles Juillard kritisiert Béglé: «Das ist nicht das Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell, das die CVP verteidigt. Wir stehen ein für individuelle Freiheit und Demokratie.»
Twitter-User reagieren sarkastisch
Die naiv anmutenden Twitter-Einträge stossen auch bei den Nutzern auf Missfallen. Unter einem der Bilder steht: «Hatten Sie auch die Gelegenheit, die prächtigen Schiessplätze für Hinrichtungen oder die malerischen Atomversuchsanlagen zu besuchen?».
Rückendeckung von Cretegny
Nur Béglés Parteikollege Gérald Cretegny zeigt sich etwas nachsichtiger. Zwar laufe Vieles schief, doch es lohne sich, gemeinsam mit Nordkorea Lösungen zu finden.
Der CVP-Politiker war früher Verwaltungsrat der Schweizerischen Post und trat nach einer Kontroverse um seinen Führungsstil im Jahr 2010 zurück. Zu den Reaktionen auf seine Twitterposts hat er sich bisher nicht geäussert.
(step)
Erstellt: 21.07.2019, 12:28 Uhr
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