Venezuelas OppositionSeine Feinde sind mächtiger als seine Freunde
Leopoldo López hat sich aus Venezuela nach Spanien abgesetzt. Der einstige Oppositionsführer hat im eigenen Land kaum noch Rückhalt.

Als diese Woche der Name des US-Schauspielers Ethan Hawke auf einmal zu den meistgesuchten Begriffen im venezolanischen Internet wurde, war das keine Verwechslung, aber auch keine Folge eines neuen Blockbusters oder einer pikanten Affäre. Schuld an der Aufmerksamkeit war nicht Hawke, sondern Leopoldo López, prominentester Führer der venezolanischen Opposition und lange Zeit berühmtester politischer Gefangener des Landes. López entkam in einer geheimen Flucht nach Spanien, und dort gab er sein erstes Interview keinem Geringeren als eben jenem Ethan Hawke, dem Schauspieler und Star, der aber auch Mitschüler von López war.
Die Botschaft war klar: Seht her, ich habe mächtige Freunde. Und tatsächlich traf López sich einen Tag später auch noch mit Pedro Sánchez, dem spanischen Ministerpräsidenten. Aber López hat nicht nur einflussreiche Freunde, sondern auch ebenso mächtige Feinde.
Nachfahre eines Unabhängigkeitshelden
López stammt aus einer der prominentesten Familien Venezuelas, zu seinen Vorfahren gehört der südamerikanische Unabhängigkeitsheld Simón Bolívar. Von Caracas aus zog López als Kind in die USA, er besuchte die Highschool, wo er angeblich auch Ethan Hawke traf, und er machte einen Abschluss in Harvard. Zurück in der Heimat liess er sich zum Bürgermeister einer Oberklasse-Gemeinde wählen. Die Bewohner liebten ihn, die sozialistische Regierung aber hasste ihn. Hugo Chávez bezeichnete López als Agenten der CIA und ein Gericht verbot ihm, öffentliche Ämter zu bekleiden.
2014 gingen Hunderttausende gegen die Regierung auf die Strasse. Vorneweg marschierte López. Steine flogen, bald auch Kugeln, Dutzende Menschen starben. Die Regierung gab López eine Mitschuld, vermutlich nicht ganz zu Unrecht, wahrscheinlich aber auch, um sich eines lästigen Kritikers zu entledigen. López stellte sich nach ein paar Tagen der Polizei, umringt von Demonstranten.
In einem Schauprozess verurteilte ein Gericht ihn zu 14 Jahren Haft. Seine Frau, Lilian Tintori, übernahm daraufhin den politischen Kampf und den um die Freiheit ihres Mannes. Die ehemalige Kitesurf-Meisterin und TV-Moderatorin bekam Audienzen bei Präsidenten und sogar dem Papst. Nach mehr als drei Jahren wurde López in den Hausarrest entlassen, offiziell aus humanitären Gründen, vermutlich aber auch, um der Opposition Wind aus den Segeln zu nehmen, allerdings ohne Erfolg.
Zerstrittene Opposition
2019 kam es abermals zu grossen Aufständen in Venezuela, diesmal angeführt von Juan Guaidó, dem politischen Ziehsohn von López. Im allgemeinen Trubel schaffte es López, in der spanischen Botschaft Zuflucht zu finden, wo er anderthalb Jahre blieb. Denn das Regime von Präsident Nicolás Maduro wankte zwar, kippte aber nicht.
Heute ist die Opposition zerstrittener denn je. López und seine Partei, die rechtsgerichtete Voluntad Popular, gehören dabei zum unversöhnlichen Flügel, der eine Teilnahme an der Parlamentswahl im Dezember ablehnt und auf Sanktionen setzt. Wie wenig Rückhalt dieser Kurs mittlerweile aber hat, zeigt sich in der Flucht von López ins Ausland. Nur dort hat Venezuelas einst wichtigster Oppositioneller noch einflussreiche Freunde. Zugleich werden López' Feinde aber immer stärker: Kurz nach seiner Flucht nach Spanien hat die Regierung ein hochrangiges Mitglied seiner Partei verhaften lassen.
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