Eishockeyprofi am AbgrundSeine Kinder retteten ihm das Leben
Er war alkoholkrank, litt an Depressionen, dachte an Suizid – doch der frühere deutsche Nationalspieler Constantin Braun hat die Dämonen besiegt. Und ist wieder Profi.

Wenn Constantin Braun mit seinen drei Kindern Verstecken spielt, wird er manchmal nachdenklich. Er realisiert dann, wie er sich jahrelang selbst versteckt hat, vor seinen Problemen, seinen Sorgen. Der 33-Jährige, mit 95 Länderspielen und 6 Meistertiteln einer der Grossen im deutschen Eishockey, ging durch tiefste Tiefen. Er war krank. Schwer krank.
Braun litt an Depressionen, 2013 und 2017 nahm er jeweils mehrwöchige Auszeiten, begab sich in psychotherapeutische Behandlung. Vor allem aber war er alkoholabhängig. Die Sucht war so heftig, dass vor drei Jahren nichts mehr ging – Braun wurde in die Entzugsklinik eingewiesen.
Sein letztes Bier trank der Berliner am 2. August 2018. Es war der Tag, bevor die Entgiftung begann. Fünfeinhalb Monate lang wurde er betreut, er schlief im Doppelzimmer mit einem anderen Abhängigen, damit er einen Gesprächspartner hatte für die dunklen Momente. Brauns Leben lag in Trümmern, Selbstmordgedanken waren zuvor aufgekommen. Aber seine Kinder wollte er nicht im Stich lassen. Und wollte ihnen ersparen, was er durchmachte, nachdem sich sein Grossvater erhängt hatte.
Wodka, Whisky – es ging nur noch darum, irgendwie an etwas Hochprozentiges zu gelangen.
Verteidiger Braun ist 190 Zentimeter gross, kräftig, tätowiert. Aber hinter der harten Schale steckt ein weicher Kern, Braun bekundete Mühe mit dem permanenten Druck. Der Weg in die Alkoholsucht war ein schleichender, zunächst trank er mittags drei, vier Bier, am Abend nochmals ein paar Liter. Doch es wurde immer mehr, Wodka, Whisky – es ging nur noch darum, irgendwie an etwas Hochprozentiges zu gelangen. Pegel halten. Unbedingt.
Braun musste die Kontrolle verlieren, um zu realisieren, dass es so nicht weitergehen konnte. Er hat sich rausgekämpft aus dem Loch, die Antidepressiva hat er weggelegt, es schwirren keine Dämonen mehr in seinem Kopf herum. Schlechte Tage gibt es noch immer, aber er kann besser mit ihnen umgehen.
Sein Arbeitgeber, die Eisbären aus Berlin, haben stets zu ihm gehalten. Der Vertrag des mehrfachen WM-Teilnehmers, der 2010 auf Schalke in der Partie vor 77’000 Zuschauern gegen die USA dabei war, wurde gar verlängert. Nun spielt er auf Leihbasis für DEL-Aufsteiger Bietigheim. Er ist Captain und Vorbild, steht zu seiner Geschichte, erzählt sie offen. Verstecken spielt er nur noch mit den Kindern.
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