
Am Freitagmorgen war es leider wieder einmal soweit: Auf der Strecke Kloten–Bülach gab es einen Unfall. Ich sah ihn zwar nicht passieren, aber es war ziemlich klar, was passiert war. Eine Autofahrerin muss einer Velofahrerin das Vortrittsrecht genommen haben – so schnitt sie ihr den Weg ab. Als ich vorbeifuhr, kümmerten sich schon mehrere Personen um die am Boden liegende Frau, weshalb ich nicht auch noch anhielt. Diesmal war es in Winkel.
Ich kenne diesen Unfall. Denn die Strecke fahre ich – mit Unterbrüchen – seit 32 Jahren. Erst als Kanti-Schüler, dann zum Spass, jetzt ist sie mein Arbeitsweg. Den ersten Unfall sah ich 1988. Ein Autofahrer hatte einer Velofahrerin das Vortrittsrecht genommen – und ihr damit den Weg abgeschnitten. Unter anderem, ich vermute 1993, erwischte es danach eine Schulkollegin von mir ziemlich böse. Ein Autofahrer hatte ihr das Vortrittsrecht genommen – und ihr damit den Weg abgeschnitten. Wenn ich mich richtig erinnere, in Winkel. Dort sind auch die meisten Ausfahrten auf die Hauptstrasse zwischen Flughafen und Bezirkshauptstadt.
1995 war ich selber dran. Ein Autofahrer hatte mir das Vortrittsrecht genommen – und mir damit den Weg abgeschnitten. In Rüti, Winkel. Ich erinnere mich noch, dass ich staunte, wie hoch ich flog, nachdem ich mein Velo in seinen Kotflügel gesetzt hatte. Er fand dann, das habe noch recht sportlich ausgesehen. Ich kam unverletzt davon und erhielt ein neues Velo, weil das alte gestaucht war. Ich sah seither eine Menge weiterer Unfälle – ich will gar nicht alle aufzählen.
Die letzten beiden waren der eingangs erwähnte. Und kürzlich, kurz nach den ersten Lockdown-Lockerungen, passierte es in Bülach: Eine Lieferwagen-Fahrerin, die aus einer Tankstelle auf die Hauptstrasse einbiegen wollte, nahm einer E-Bike-Fahrerin das Vortrittsrecht – und schnitt ihr damit den Weg ab. Sie sei sehr schnell gewesen, sagte die Fahrerin. Leider nicht schnell genug. Ich hatte die unglückliche E-Bikerin kurz zuvor überholt und war gerade noch so vor dem Lieferwagen durchgekommen. Sekunden später hörte ich es hinter mir krachen.
Es ist mir völlig klar: Die Ausfahrten sind für Autofahrer schwierig und unübersichtlich. Genau deshalb wäre aber etwas mehr Vorsicht angebracht. Oder der eine oder andere Spiegel sollte angebracht werden. Selber habe ich die Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation indes aufgegeben. Mein Fazit: Seit 32 Jahren passiert auf der immer gleichen Strecke der immer gleiche Unfall. Motto: Wer nicht bremst, verliert.
Der Mensch, sagen Optimisten, lernt aus Fehlern. Der Mensch, behaupte ich, lernt nicht aus Unfällen.
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ZUgespitzt – Seit 32 Jahren der gleiche Unfall
In der Kolumne «ZUgespitzt» greifen Redaktorinnen und Redaktoren Themen aus dem Unterländer Alltag auf.