GipfeltreffenShootout der Extraklasse
Das Kürzel CSL verspricht Aussergewöhnliches. Mit dem neuen M4 CSL trägt es endlich wieder ein Modell. Zeit für ein Generationentreffen auf Schweizer Passstrassen.

Jeder BMW-Fan weiss, wofür die Buchstabenkombination CSL steht, obwohl das legendäre Kürzel erst dreimal in der Markengeschichte auftauchte. Ein neuer CSL ist also ein besonderes Ereignis – und ein guter Anlass, zwei CSL-Modelle verschiedener Dekaden vor beeindruckender Schweizer Bergkulisse zu vereinen. Fast 20 Jahre trennen den M3 CSL der Baureihe E46 und den M4 CSL (G82). Und bereits beim Namen gibt es den ersten, feinen Unterschied: Während das «C» 2003 noch für «Coupé» stand, steht es 2022 für «Competition». Die beiden anderen Buchstaben stehen weiterhin für «Sport, Leichtbau».
Mit dem CSL präsentierte BMW 2003 eine konsequente Weiterentwicklung des seit 2000 gebauten M3. Beim ausschliesslich als Coupé gebauten Topmodell der Baureihe wurden sämtliche Faktoren auf Fahrdynamik optimiert. Am drastischsten fällt dies beim Gewicht auf: Der mit 1498 Kilogramm an sich schon leichte M3 wurde um 110 Kilogramm abgespeckt. Heckscheibe aus Dünnglas, Diffusor und Frontschürze aus Verbundwerkstoff, feste Schalensitze, Karbondach – das alles sparte wertvolles Gewicht ein. Zudem war der M3 CSL der Baureihe E46 das erste M-Modell, das mit Rundstrecken-optimierten Sportreifen ausgeliefert wurde. Genau wie auch der neue M4 CSL.
Sauger gegen Turbo
Der M3 CSL zelebrierte 2003 den Höhepunkt des Reihensechszylinder-Saugmotors. Aus 3,2 Litern Hubraum schöpfte er 360 PS und damit 17 mehr als der reguläre M3. Der Schlüssel zu dieser Leistung liegt in der Drehzahl: Wer das Maximum aus diesem Triebwerk holen will, muss sich zur Höchstdrehzahl von 8000 Umdrehungen vorarbeiten. Begleitet wird dieses Spektakel von einer Symphonie der Ansauggeräusche aus dem Karbon-Resonanzkörper unter der Haube.
Ganz anders der neue M4 CSL: Sein 3-Liter-Reihensechser wird von zwei Turboladern unter Druck gesetzt und entwickelt bereits ab 2750 Umdrehungen sein maximales Drehmoment von 650 Nm. Von da an schiebt der Motor ohne Unterlass an, bis er bei 6250 Umdrehungen seine maximale Leistung von 550 PS abliefert. Damit erledigt er den Spurt auf Tempo 100 in 3,7 Sekunden – immerhin 1,2 Sekunden schneller als sein Vorgänger von 2003.

Haube, Heckdeckel und Dach aus Karbon, leichte Schalensitze sowie eine Karbon-Keramik-Bremsanlage tragen im neuen Modell massgeblich zur Gewichtsreduktion von 100 Kilogramm bei. Die Ingenieure verzichteten sogar auf die Rücksitzbank. Stattdessen findet man dort ein Haltenetz für Helme – ein klares Indiz dafür, wo das bevorzugte Einsatzgebiet des Sportlers ist. Doch der Reiz des Prinzips CSL lässt sich gut auch abseits der Rennstrecke erfahren – zum Beispiel auf der geschwungenen Furkapassstrasse. Die direkte Lenkung diktiert über die Vorderachse die Richtung, während sich die Hinterachse voll und ganz dem Vortrieb widmen kann. An dieser reinen Lehre hat sich in gut 20 Jahren nichts verändert. Und das ist auch gut so: Wer den Hinterradantrieb mit Respekt einsetzt, erntet glasklares, vorhersehbares Fahrverhalten, damals wie heute.
Feine und grosse Unterschiede
Deutlich zeigt sich der technische Fortschritt da, wo Feinschliff gefragt ist. Das automatisierte SMG-Getriebe im M3 CSL schaltet zwar schnell, aber niemals so schnell und präzise wie die Automatik im M4 CSL. Ausserdem regelt die Stabilitätskontrolle im Modell von 2003 nicht so effizient und präzise wie die Elektronik im Neuen, bei dem zusätzlich die Kraft des Twinturbo-Motors über eine 10-stufige Traktionskontrolle fein dosiert werden kann. Der grösste Unterschied ist aber bei der Fahrwerktechnik festzustellen: Der moderne M4 CSL mit seinen adaptiven Dämpfern lässt sich selbst auf schlechten Strassen kaum aus dem Takt bringen. Das Fahrgefühl im M3 lässt dagegen kompromisslose Härte spüren.
Einen Gewinner kann es bei diesem Shootout nicht geben. Der M3 CSL geniesst Legendenstatus und braucht nichts mehr zu beweisen – gerade an einem sonnigen Tag gibt er sich als zeitloses Genussmittel, um Pässe wie Furka, Grimsel oder Gotthard zu erkunden. Der neue M4 CSL glänzt mit moderner Technik und seinem druckvollen Motor. Bei beiden Modellen ist es aber nicht die Motorleistung, die das Fahrerlebnis dominiert. Vielmehr sorgen das präzise und leichtfüssige Ansprechen der Lenkung und die gut zu dosierende Leistung an der Hinterachse für das, was nicht nur einen CSL, sondern jeden BMW ausmachen soll: Die Freude am Fahren.

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