Menschenrechte in ChinaSie hat einfach geschwiegen
UNO-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat bei ihrem Besuch in China eine fragwürdige Rolle gespielt.

Als Michelle Bachelet vergangene Woche nach China aufbrach, gab es kaum offene Fragen. Das erste Mal seit fast zwei Jahrzehnten würde eine UNO-Menschenrechtskommissarin in die Volksrepublik reisen, mit Stationen unter anderem in der nordwestchinesischen Region Xinjiang. Dort sind Hunderttausende muslimische Uiguren in Lagern interniert, all das ist seit Jahren umfassend belegt.
Die Frage ist, weshalb Michelle Bachelet dies nicht explizit kritisiert hat - weiss sie doch aus eigener Erfahrung, was es heisst, in einem Land zu leben, in dem Menschen verhaftet, gefoltert und ermordet werden.
Ihre eigene dramatische Lebensgeschichte verlieh ihr Glaubwürdigkeit.
1975 wurden Bachelet und ihre Mutter verhaftet, verhört und gefoltert. Dank alter Kontakte bekamen sie eine Ausreiseerlaubnis, Bachelet floh erst nach Australien, dann in die DDR, wo sie weiter Medizin studierte. Bachelet verliebte sich in einen ebenfalls im Exil lebenden Chilenen. Die beiden bekamen einen Sohn. Trotz aller Gefahren ging die Familie 1979 zurück in das noch immer von Pinochet beherrschte Chile.
Nach der Rückkehr des Landes zur Demokratie Ende der 80er-Jahre arbeitete Bachelet im Gesundheitsministerium, dessen Führung sie im Jahr 2000 übernahm. Zwei Jahre später wurde sie Verteidigungsministerin, dann von ihrer Sozialistischen Partei 2005 als Kandidatin für die Präsidentschaftswahlen nominiert, die sie 2006 gewann.
Es herrscht Unverständnis
Michelle Bachelets Amtsantritt fiel in eine Zeit, in der die weltweiten Rohstoffpreise in immer neue Höhen kletterten. Linken Präsidenten in Lateinamerika bescherte das sprudelnde Einnahmen und enorme Beliebtheit. Nach dem Ende ihrer zweiten Amtsperiode wurde die Chilenin zur UNO-Menschenrechtskommissarin ernannt. Ihre eigene Geschichte trug dabei lange zu ihrer Glaubwürdigkeit im Amt bei. Bachelet fand auch harte Worte, so im Falle Venezuelas, wo sie 2019 systematische Folter anprangerte.
Umso unverständlicher ist für viele, dass Bachelet in China kaum öffentliche Kritik geübt hat. Eine Erklärung mag sein, dass ihr Besuch von Anfang an nicht als «Untersuchung» geplant war, sondern als Möglichkeit zum Dialog. Dass China diesen weitestgehend bestimmen konnte, stösst auf Unverständnis. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sagte, Bachelet sei «entweder unfähig oder nicht willens, die zweitmächtigste Regierung der Welt zur Verantwortung zu ziehen».
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