Patron nach alter ManierStarbucks-Gründer kehrt zurück – und kämpft gegen Gewerkschaften
Howard Schultz übernimmt zum dritten Mal das Heft bei der Firma, die er zur grössten Kaffeehaus-Kette der Welt machte. Warum glaubt der 68-Jährige, er müsse sie retten?

Howard Schultz sieht sich als Patron der alten Schule – einer, der die Angestellten mit Anstand behandelt und sie entsprechend honoriert. Doch die Baristas in den mehr als 15’000 Starbucks-Filialen weltweit sehen das entschieden anders. Sie beklagen schwierige Arbeitsbedingungen und einen starken Leistungsdruck, da der Umsatz wegen der Pandemie zum ersten Mal seit zehn Jahren gesunken ist. Sie wollen eine Gewerkschaft gründen.
Das hat den 68-jährigen Schultz aus dem Ruhestand aufgeschreckt. Er kehrt zurück zum Unternehmen, das er 1987 den bisherigen Eigentümern abgekauft hatte, und übernimmt zum dritten Mal dessen Führung. Die Absicht sei, weltweit 20’000 weitere Kaffeehäuser zu eröffnen, sagt er. Und er will die Aktionäre zurückgewinnen, die mit dem Rückschlag während der Corona-Pandemie unzufrieden sind.
Er verglich sein Unternehmen mit KZ
Doch mehr als alles andere kehrt Schultz zu einer Bedrohung zurück, die ihn seit dem Start 1987 in Seattle beschäftigt und die er zweimal abwehren konnte: jene durch die Gewerkschaften. Diesmal allerdings ist deren Druck stärker und weiter verbreitet. Baristas in der Industriestadt Buffalo starteten im vergangenen Jahr eine Kampagne für die Starbucks Workers United, der sich inzwischen 140 Kaffeehäuser – darunter in Schultz’ Heimatstaat Seattle – angeschlossen haben. Die Arbeitsmarktaufsicht der Regierung hat die Gültigkeit der Unterschriftensammlung anerkannt und will sie offiziell überwachen.
Die Bedrohung ist akut, sonst wäre Schultz im Herbst nicht nach Buffalo gereist und hätte die kampfbereiten Baristas nicht zu einer Aussprache eingeladen. Dabei unterlief ihm allerdings ein Ausrutscher, der seinen Ruf als Patron ohne Musikgehör bestätigte. Er erinnerte daran, dass er Starbucks zu einem speziell arbeiterfreundlichen Unternehmen gemacht hätte, ohne dass der Druck von Gewerkschaften nötig gewesen wäre.
«Ich bin überzeugt, dass mein Führungsstil die Angestellten überzeugen wird. Wenn sie mir und meinen Motiven glauben, so brauchen sie keine Gewerkschaften», sagte Schultz in seiner Ansprache. Er schloss mit einem historischen Vergleich. Nur einige wenige Gefangene in deutschen Konzentrationslagern hätten Wolldecken bekommen, diese aber miteinander geteilt. «Wir wollen, dass wir auch bei Starbucks die Wolldecken teilen», sagte Schultz, der aus einer jüdischen Familie stammt.
Schultz hatte die USA mit Starbucks auf den Kaffeegeschmack gebracht.
Nun ist unbestritten, dass die Arbeitsbedingungen bei Starbucks besser sind als in vielen Fastfood-Ketten. Die Angestellten erhalten Aktienanteile, sind gegen Krankheit versichert und erhalten Ausbildungszulagen. Kaffeebohnen sind gratis. Aber Baristas beziehen einen Stundenlohn von nur gut 12 Dollar, und gemäss Umfragen sind nur 46 Prozent zufrieden mit dem Salär. Angestellte berichten von einem hohen Leistungsdruck. Starbucks hat Mühe, offene Stellen zu besetzen und die Wünsche der Kunden nach komplexen, aufwendigen Getränken zu befriedigen.
Schultz hatte die USA mit Starbucks auf den Kaffeegeschmack gebracht. Die Lokale wurden vielerorts zu unverzichtbaren Quartiertreffpunkten. Vor vier Jahren war Nestlé eine weltweite strategische Partnerschaft mit Starbucks eingegangen, die nun ausgebaut werden soll.
Andere Restaurantketten können nur hoffen, dass Schultz seine harte Haltung gegenüber den Gewerkschaften nicht aufgibt. Fällt Starbucks, so befürchten sie, stehen die Gewerkschaften bald auch vor ihren Türen.
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