Unihockey: Jets-Trainerin Julia Suter«Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse»
Die Kloten-Dietlikon Jets erfüllen den Wunsch ihrer neuen Cheftrainerin und holen mit dem früheren Nationalcoach Rolf Kern viel Erfahrung an Bord. Die erste Bewährungsprobe für den Staff hat es in sich.

Als Julia Suter kurz vor Weihnachten das Amt als Cheftrainerin bei den Jets übernimmt, ist ihr sofort klar, dass aus gemütlichen Festtagen dieses Jahr nichts wird. Eine kurze Weihnachtsfeier beim Bruder und eine Übernachtung in Davos mit der Partnerin, mehr lag in diesen Tagen nicht drin. «Kein Problem!», sagt die 32-Jährige dazu. «Ich habe gewusst, worauf ich mich einlasse.»
Am 19. Dezember trennten sich die Kloten-Dietlikon Jets und Cheftrainer Thomas Appenzeller einvernehmlich. Die Schweizer Meisterinnen hatten zu diesem Zeitpunkt fünf Spiele verloren, wirkten verunsichert. Das Team brauche unabhängig von den Resultaten neue Impulse, hiess es übereinstimmend. Die Zeit drängte. Bereits am kommenden Wochenende werden die Jets als Landesmeisterinnen die Schweiz am Champions Cup vertreten, dem wichtigsten Klubturnier des Unihockeys.
«Ich werde mir bezüglich meines Arbeitspensums Gedanken machen müssen.»
Kein Wunder also, ist die Stighaghalle seit zweieinhalb Wochen so etwas wie Julia Suters zweites Zuhause. Schon vor Silvester war das Team in den Trainings wieder komplett. «Von Weihnachtspause kann nicht die Rede sein», bemerkt Sportchef Antti Uimonen. Suter sei sehr engagiert und oft schon Stunden vor dem Eintreffen der Spielerinnen in der Halle. Dass dieser Zeitaufwand mit ihrem 95-Prozent-Job als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der ZHAW auf die Dauer nicht vereinbar ist, weiss sie. «Ich werde mir bezüglich meines Arbeitspensums Gedanken machen müssen.» Fakt ist, dass die neue Jets-Trainerin ihren Lebensunterhalt nicht an der Bande, sondern nach wie vor an der Fachhochschule in Winterthur verdient. Suter ist nicht die Erste, die feststellt: «Punkto Vereinbarkeit von Spitzensport und Berufsalltag muss der Unihockeysport unweigerlich irgendwann über die Bücher.»
Die Fitness im Fokus
Julia Suter war als Spielerin für ihre Akribie bekannt und punktete stets auch mit ihrer Physis. Es überrascht daher nicht, dass sie den Fokus kurz- und mittelfristig auf die Fitness legen will, denn hier sieht sie den grössten Handlungsbedarf. Ein weiterer Aspekt sind die Automatismen: «Durch den grossen Umbruch im Team diesen Sommer sind die Rollen in den Blöcken und die eingespielten Abläufe etwas verloren gegangen.» Aktuell stellen die Jets die jüngste Equipe der Liga und gerade für junge Spielerinnen, davon ist Suter überzeugt, sei es essenziell zu wissen, worauf sie in heiklen Momenten zurückgreifen können.
Für das Team sind die Vorstellungen von Julia Suter nicht gänzlich neu. Schon im Herbst hat sie jeweils montags Gasttrainings in der Stighag gegeben, dies im Rahmen ihrer Ausbildung zur Berufstrainerin. Erst diesen Frühling ist die 69-fache Internationale vom Spitzensport zurückgetreten – als zweifache Schweizer Meisterin sowie Cupsiegerin mit den Jets und U-19-Weltmeisterin. Dass sie als eine der prägendsten Figuren im Schweizer Unihockey des letzten Jahrzehnts so schnell wieder ins Rampenlicht tritt, war nicht unbedingt zu rechnen. «Ich wollte eigentlich mal ein Jahr Pause machen», meint Suter schmunzelnd.

Nur wenige Monate nach ihrem Karriereende steht sie nun aber als Cheftrainerin vor einigen ihrer ehemaligen Teamkolleginnen. Natürlich habe sie dieser Konstellation einige Gedanken geschenkt, sagt Suter. «Doch da wir schon in den Montagstrainings einen respektvollen und guten Umgang miteinander hatten, gibt es keinen Grund zur Sorge.» Insbesondere auch Captain Andrea Gämperli, mit der sie über Jahre bei den Jets und in der Nationalmannschaft zusammenspielte, arbeite sehr positiv und konstruktiv mit dem Staff zusammen.
Rolf Kern ist dabei
Unterstützung erhält Julia Suter vom bisherigen Assistenten und ehemaligen Coach des deutschen Frauen-Nationalteams, Andreas Kappler sowie von Natalie Schürpf, auch sie eine frühere Mitspielerin und ebenfalls Neuling im Trainerinnengeschäft. Schürpf übernimmt eine Rolle, die sich aktuell am treffendsten mit «Teammanagerin» fassen lässt. Viel Erfahrung holen sich die Jets zudem mit dem ehemaligen Schweizer Frauen-Nationaltrainer Rolf Kern an Bord. Mit ihm verbindet Suter eine langjährige sportliche Vergangenheit bei den Red Ants und im Nationalteam. «Er war mein Wunsch-Staff-Mitglied», sagt sie offen. Kern ist für sie nicht nur ein wichtiger Diskussionspartner, sondern wird das Team auch an die Spiele begleiten sowie die Trainings mitgestalten. «Ich lerne viel von ihm. Wie er auf Problempunkte reagieren und situativ Übungseinheiten kreieren kann, ist bemerkenswert.»

Ein erstes Mal so richtig gefordert ist der neue Jets-Staff diesen Samstag. Am Champions Cup in Finnland treffen die Unterländerinnen im Halbfinal auf den schwedischen Meister Thorengruppen, der aktuell wohl das beste Frauenteam der Welt stellt. Weder Julia Suter noch Sportchef Uimonen wollen überhaupt von Aussenseiterchancen sprechen, zu sensationell wäre ein Sieg gegen die Schwedinnen. Die Cheftrainierin formuliert das Ziel stattdessen so: «Gegen Thoren wollen wir Dinge ausprobieren, die dann bis zum Playoff in der Meisterschaft sitzen müssen.“ Tags darauf im Spiel um Platz 3 entweder gegen die Tschechinnen (Ostrava) oder die Finninen (Turku) ist für Suter indes klar: «Dieses Duell wollen wir gewinnen.»
Verlustgeschäft Champions Cup
Der Champions Cup ist für die Schweizer Meister Kloten-Dietlikon (Frauen) und GC (Männer) nach wie vor ein finanzielles Verlustgeschäft: Allein die Flüge kosten die Jets 23’ 000 Franken. Auch mit der Siegprämie (10’ 000 Franken) liesse sich das Minus bei weitem nicht decken. Sportlich hat das Turnier durchaus seinen Wert: Die junge Jets-Equipe kann sich mit den besten europäischen Klubteams messen – und der neue Staff noch vor dem ersten Spiel auf Schweizer Boden den Ernstfall proben.
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