Verkehr am RosengartenTempo 30: Kantonspolizei bremst die Stadtregierung aus
Der Zürcher Stadtrat müsse erst beweisen, dass ein neues Verkehrsregime keinen Leistungsabbau zur Folge habe. Das ist nicht die einzige Kritik des Kantons.

Der Entscheid des Zürcher Stadtrats von Anfang September, auf der Rosengartenstrasse Tempo 30 einzuführen, hat ein Nachspiel. Wie die NZZ am Mittwoch schreibt, teilte die Kantonspolizei Zürich dem Stadtrat mit, dass Verkehrsanordnungen auf dieser Achse ohne ihre Zustimmung unzulässig seien.
Zunächst müsse der Nachweis erbracht werden, dass die Temporeduktion die Leistungsfähigkeit der Strasse nicht einschränke. Sollte dies nicht gelingen, scheitere die Einführung des neuen Verkehrsregimes.
Anti-Stau-Artikel kommt zum Zug
Die Kantonspolizei bezieht sich auf den Anti-Stau-Artikel in der Kantonsverfassung: Er verbietet einen Leistungsabbau auf Staatsstrassen wie am Rosengarten. Sollte es doch dazu kommen, müsste dies auf einer umliegenden Strecke kompensiert werden.
Der Stadtrat wiederum vertritt den Standpunkt, dass Automobilistinnen und Automobilisten lediglich etwas später am Ziel ankommen, dies aber vernachlässigbar sei und somit die Kapazität nicht verringert würde. Er stützt sich dabei auf ein Gutachten, das bei der Einführung von Tempo 30 von einer Verzögerung von rund 2 Sekunden pro hundert Metern ausgeht, was zwischen Milchbuck und Wipkingerplatz 28 Sekunden entsprechen würde.
Kritik an Messsystem
Für die kantonale Volkswirtschaftsdirektion ist diese Begründung unzureichend. Kapazitätsprüfungen müssten gemäss offiziellen Standards an der Anzahl Fahrzeuge gemessen werden, die während einer Stunde eine Strasse befahren, heisst es in der NZZ. Diese Zahl dürfte mit einer Temporeduktion sinken.
Obwohl der Kanton im Sommer 2020 in einer gemeinsam mit der Stadt durchgeführten Studie festgehalten hat, dass Tempo 30 die Lärmbelastung für Anwohnende senkt, zweifelt die Volkswirtschaftsdirektion nun eben diese Wirkung am Rosengarten an. Beispielsweise sei unklar, welchen Lärm abwärtsfahrende Autolenkende verursachen, wenn sie in einen tieferen Gang schalten, um das Tempo zu reduzieren.
Und was ist mit dem ÖV?
Schliesslich gibt es auch beim öffentlichen Verkehr offene Fragen. Sollten infolge der längeren Fahrzeiten wegen Tempo 30 zwei neue Busse eingesetzt und bauliche Anpassungen an den Haltestellen vorgenommen werden, müsste die Finanzierung geklärt werden. Die Volkswirtschaftsdirektion sieht den Stadtrat in der Pflicht, die Kosten selbst zu tragen.
Das städtische Tiefbaudepartement bestätigte gegenüber der NZZ den Erhalt des Schreibens der Kantonspolizei. Man werde es beantworten. Weitere Auskünfte werden nicht erteilt.
tif
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