Ticker zum Ukraine-KriegSelenski reist nach Überraschungsbesuch in London weiter nach Paris
Seit elf Monaten führt Wladimir Putins Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wir berichten laufend.
Das Wichtigste in Kürze
Am Mittwoch wurde der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski in London vom britischen Premier Rishi Sunak empfangen. Er hielt eine Rede im Parlament und besuchte auch seine Truppen, die in Grossbritannien ausgebildet werden.
Danach reiste Selenski nach Paris, wo er Emmanuel Macron und Olaf Scholz treffen wird. Am Donnerstag soll Selenski am EU-Gipfel in Brüssel teilnehmen.
Laut neuesten Zahlen der UNO sind acht Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Weitere 5,3 Millionen sind im eigenen Land vertrieben worden.
Gemäss Beobachtungen des britischen Geheimdienstes kommen die russischen Truppen bei ihrer Offensive im Osten der Ukraine nicht voran.
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat angesichts des näher rückenden Jahrestags des russischen Einmarsches in die Ukraine am 24. Februar vor «symbolhaften Taten» russischer Besatzer gewarnt. Viele Berichte deuteten bereits jetzt darauf hin, «dass die Besatzer im Februar etwas Symbolisches tun werden, um sich für ihre Niederlagen im vergangenen Jahr zu rächen», sagte Selenski am Sonntagabend in seiner täglichen Videoansprache.
«Wir beobachten bereits erhöhten Druck in verschiedenen Bereichen an der Frontlinie», fügte Selenski hinzu. Sehr schwierig sei die Lage aktuell in der östlichen Region Donezk, «wo heftige Kämpfe stattfinden», betonte der Präsident.

Zuvor hatte Selenski mit Blick auf die erbittert umkämpften Städte Bachmut, Wuhledar, Lyman und andere Regionen bereits von einer «immer schwieriger» werdenden Situation gesprochen.
Das britische Verteidigungsministerium bestätigte die Schwierigkeiten der ukrainischen Armee. «In der vergangenen Woche hat Russland bei seinem Versuch, die Donbass-Stadt Bachmut einzukesseln, weitere kleine Fortschritte gemacht», teilte das Ministerium in London am Sonntag mit. Die Stadt sei «zunehmend isoliert».
Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksi Resnikow hat nach einem Korruptionsskandal bei der Versorgung der Armee eine «interne Überprüfung» in seinem Ministerium verkündet. Resnikow räumte am Sonntag bei einer Pressekonferenz ein, dass die Antikorruptionsstellen seines Ministeriums versagt hätten. Eine «interne Überprüfung» aller Beschaffungsverträge sei eingeleitet worden. Er versprach auch eine «Überprüfung der internationalen technischen Hilfe». Zu Medienberichten über einen erzwungenen Rücktritt seiner selbst äusserte sich Resnikow ausweichend.
«Es ist eine Person – der Oberbefehlshaber, der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski – die entscheidet, ob ich Verteidigungsminister sein werde oder nicht», sagte er. «Meine Spezialisierung als Anwalt lässt mich optimistisch denken, dass ich auf jeden Fall ein interessantes Projekt für mich finden werde, dass es uns nicht nur ermöglicht, den Krieg zu gewinnen, sondern auch das Militär und die politische Führung der russischen Föderation später zu bestrafen.»
Infolge eines mutmasslichen Korruptionsskandals in der ukrainischen Armee waren seit Bekanntwerden der Affäre im Januar mehrere Vize-Minister, Gouverneure und hochrangige Beamte zurückgetreten oder entlassen worden. Den Ausschlag für die Entlassungswelle gab unter anderem der in Medienberichten vorgebrachte Vorwurf, das ukrainische Verteidigungsministerium habe für die Soldaten Lebensmittel zu deutlich überhöhten Preisen eingekauft. Resnikow hatte die Berichte zunächst zurückgewiesen.
Die Nachrichten-Website «Ukrainska Prawda» hatte unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, dass Resnikow in der kommenden Woche durch den Leiter des Militär-Geheimdienstes Kirilo Budanow ersetzt werden könnte. Demnach könnte Resnikow zum Justizminister ernannt werden.
Kremlchef Wladimir Putin hat dem ehemaligen israelischen Ministerpräsident Naftali Bennett nach dessen Angaben zu Beginn des Ukraine-Kriegs versprochen, den ukrainischen Präsident Wolodimir Selenski nicht zu töten. Bennett erzählte bei einem Gespräch mit einem israelischen Journalisten, Putin habe dieses Versprechen bei einem Vermittlungsgespräch in Moskau im März vergangenen Jahres gemacht.
Der damalige israelische Ministerpräsident Bennett war der erste westliche Spitzenpolitiker, der Putin nach Kriegsbeginn in Moskau besuchte. Anschliessend reiste er nach Berlin weiter und beriet sich dort mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) über den Ukraine-Konflikt. Es folgten noch weitere Vermittlungsbemühungen zwischen Russland und der Ukraine, die letztlich aber erfolglos blieben.

Bennett veröffentlichte das Gespräch am Samstagabend auf seiner Facebook-Seite. Das Leben eines Anführers sei im Konflikt am wertvollsten, sagte Bennett. «Ich wusste, dass Selenski in Gefahr ist, er war in einem Bunker, dessen Standort unbekannt war.» Nach etwa drei bis vier Stunden des Gesprächs habe er den russischen Präsidenten deshalb gefragt, ob er Selenski töten wolle. Putin habe dies verneint. Bennett sagte, er habe Putin gebeten, ihm sein Wort zu geben. «Er sagte: «Ich werde Selenski nicht töten».»
Nach dem Treffen habe er Selenski noch auf der Fahrt vom Kreml zum Flughafen direkt angerufen. «Hör zu, ich komme aus dem Gespräch, er wird dich nicht töten», habe er Selenski damals gesagt. Selenski habe gefragt, ob er sicher sei, und Bennett habe geantwortet: «Hundert Prozent.» Etwa zwei Stunden später habe der ukrainische Präsident dann von seinem Büro aus ein Video aufgenommen, in dem er versichert habe, er habe keine Angst um sein Leben.
Bei dem jüngsten Gefangenaustausch mit Russland hat die Ukraine auch die Leichen von zwei bei einem Hilfseinsatz getöteten Briten zurückerhalten. «Wir haben es geschafft, die Leichen von toten ausländischen Freiwilligen zurückzuerhalten», teilte der Leiter des Präsidentenbüros in Kiew, Andri Jermak, am Sonntag im Nachrichtenkanal Telegram mit. Die beiden dort namentlich genannten Briten im Alter von 28 und 48 Jahren hatten im Osten der Ukraine geholfen, Zivilisten aus Kampfgebieten herauszuholen. Jermak veröffentlichte auch ein Video und Fotos von den zuvor freigelassenen 116 ukrainischen Gefangenen.
Im Januar hatte der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, mitgeteilt, die Leiche eines vermissten Briten samt Ausweis sowie die Dokumente eines zweiten britischen Staatsbürgers gefunden zu haben. Später teilte das britische Aussenministerium in London unter Berufung auf die Familienangehörigen mit, dass die vermissten Männer tot seien. Der Mitteilung zufolge starben sie beim Versuch einer Evakuierung aus der Stadt Soledar. Die Stadt ist nun unter russischer Kontrolle.
«Wir machen weiter. Wir bringen jeden zurück», sagte Jermak nach dem grössten Gefangenenaustausch seit Jahresbeginn. Nach Russland durften im Gegenzug 63 Gefangene zurückkehren. In dem seit fast einem Jahr dauernden Krieg, der am 24. Februar begonnen hat, haben die Ukraine und Russland immer wieder Gefangene ausgetauscht. Allein die Ukraine konnte nach Angaben von Präsident Wolodimir Selenski bisher 1762 ukrainische Bürger aus der Gefangenschaft befreien.
Die umkämpfte ukrainische Stadt Bachmut ist nach Einschätzung britischer Militärexperten immer mehr von russischen Truppen eingekreist worden. Das ging aus dem täglichen Geheimdienst-Update zum Ukraine-Krieg des Verteidigungsministeriums in London am Sonntag hervor.
Demnach sind inzwischen die beiden wichtigsten Zufahrtsstrassen zu der Stadt im Oblast Donezk direkt von russischem Beschuss bedroht, und eine weitere Strasse wird von Wagner-Söldnern kontrolliert. «Obwohl den ukrainischen Truppen mehrere alternative Überland-Routen für den Nachschub zur Verfügung stehen, ist Bachmut zunehmend isoliert», so die Mitteilung.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat den Beginn der Ausbildung ukrainischer Besatzungen am britischem Kampfpanzer Challenger 2 begrüsst. «Das ist ein gutes Gefährt und wird eine ernsthafte Verstärkung auf dem Schlachtfeld sein», sagte Selenski in seiner Videoansprache am Samstagabend. Er bedankte sich bei Grossbritannien für die militärische Hilfe. Die Lage an der Front bezeichnete er als schwierig, gab sich aber siegesbewusst.
«Der Feind wirft immer neue Kräfte hinein, um unsere Verteidigung zu durchbrechen. Jetzt ist es sehr hart in Bachmut, in Wuhledar und in Richtung Liman», sagte Selenski. Dennoch zeigte er sich zuversichtlich, dass die «Standhaftigkeit» der Ukrainer am Ende den Sieg davontragen und Russlands Eroberungspläne durchkreuzen werde.
London: Ausbildung von Ukrainern an Challenger-2-Panzern hat begonnen
Zuvor hatte der britische Premierminister Rishi Sunak in einem Telefonat mit Selenski am Samstag mitgeteilt, dass die ukrainischen Besatzungen bereits an den britischen Kampfpanzern vom Typ Challenger 2 trainiert werden. Die Ausbildung habe in dieser Woche begonnen. Das Verteidigungsministerium in London hatte Bilder von der Ausbildung auf einem Truppenübungsplatz veröffentlicht.
Selenski bestätigte den Start der Ausbildung per Kurznachrichtendienst Telegram und teilte mit, er habe sich in dem Gespräch mit Sunak dafür bedankt. «Wir haben auch über die Erweiterung der Möglichkeiten der ukrainischen Armee und über verschiedene Hilfen für die Ukraine auf kurze und lange Sicht gesprochen», schrieb der 45-Jährige.
Gespräche über Panzerlieferung für Ukraine – erste Zusagen
Die deutsche Regierung wartet nach ihrer Entscheidung zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern noch auf konkrete Beteiligungen von Partnerstaaten. Während es für das ältere Leopard-Modell 2A4 schon Ankündigungen gibt, war die Angebotslage bei dem neueren Typ 2A6 zunächst dünn, wie es am Samstag aus Regierungskreisen hiess. Portugals Regierungschef António Costa sagte eine Lieferung fest zu, liess die genaue Zahl aber offen. Derzeit stehe sein Land mit Deutschland wegen der Überholung von Leopard-Panzern in Kontakt, meldete die staatliche portugiesische Nachrichtenagentur Lusa.
Kanada hat derweil bereits mit der Verladung und Verschickung der Leopard-2-Panzer für die Ukraine begonnen, wie Verteidigungsministerin Anita Anand am Samstag per Twitter mitteilte. Ottawa hat Kiew vier Kampfpanzer des Typs zugesagt.
Scholz: Gemeinsames Vorgehen verhindert Eskalation
Mit Blick auf die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine ist der deutsche Kanzler Olaf Scholz Befürchtungen entgegengetreten, Deutschland könnte damit in den Krieg hineingezogen werden. Er sagte der «Bild am Sonntag»: «Jede Waffenlieferung haben wir sorgfältig abgewogen, eng mit unseren Verbündeten koordiniert, allen voran mit Amerika. Dieses gemeinsame Vorgehen verhindert eine Eskalation des Krieges.» In Telefonaten mache er dem russischen Präsidenten Wladimir Putin «sehr deutlich», dass Russland die alleinige Verantwortung für den Krieg habe. Putin habe dabei weder ihm – Scholz – noch Deutschland gedroht.
Moskau meldet Vertreibung Kiewer Militärs aus Ort im Gebiet Charkiw
Die Lage an der Front bleibt für die Ukraine schwierig. Das russische Militär hat nach eigenen Angaben ukrainische Kräfte aus der Ortschaft Dworitschne im Gebiet Charkiw im Nordosten der Ukraine vertrieben. «In Richtung Kupjansk wurde der Gegner durch Angriffe von Einheiten der Heeresgruppe «West» vom Westrand der Ortschaft Dworitschne im Gebiet Charkiw verdrängt», sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Samstag in Moskau. Unabhängig können die Angaben nicht überprüft werden. Das Gebiet Charkiw hatten die ukrainischen Streitkräfte im Zuge ihrer Herbstoffensive fast vollständig wieder zurückerobert.
Dworitschne liegt auf der Ostseite des Flusses Oskil. Zunächst hatten die russischen Streitkräfte nach ihrem Rückzug aus dem Raum Isjum versucht, sich hinter dem Fluss neue Verteidigungslinien aufzubauen. Allerdings konnte das ukrainische Militär den Fluss schnell überqueren und den Vormarsch gen Osten zunächst fortsetzen. Die Offensive der Ukrainer Richtung Gebiet Luhansk ist aber mittlerweile gestoppt – auch durch die eilige Verlegung von russischen Mobilisierten in die Region. Nun kämpfen beide Seiten um die Initiative in dem Frontabschnitt.
Russland und Ukraine vollziehen neuen Gefangenenaustausch
Russland und die Ukraine haben nach Angaben aus Moskau den zahlenmässig grössten Gefangenenaustausch seit Jahresbeginn vollzogen. «Im Laufe eines schwierigen Verhandlungsprozesses wurden 63 russische Soldaten vom Territorium zurückgeholt, welches das Kiewer Regime kontrolliert», teilte das russische Verteidigungsministerium am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Die Ukraine bestätigte später den Austausch und die Rückkehr von 116 Gefangenen.
Selenski bestätigte den Austausch am Abend. Seit Kriegsbeginn seien bereits 1762 Ukrainer aus russischer Gefangenschaft zurückgeholt worden, erklärte er. Ziel sei es, alle Ukrainer zu befreien.
Was am Sonntag wichtig wird
Auf dem Schlachtfeld spielt sich das Geschehen weiterhin vor allem im Osten der Ukraine ab. Speziell um die Stadt Bachmut wird mit aller Härte gekämpft. Wirtschaftlich eröffnet der Westen eine neue Front gegen Russland: Ab Sonntag treten die neuen Ölsanktionen in Kraft. Die Europäische Union nimmt dann keine russischen Ölprodukte mehr ab. Ausserdem gilt ab diesem Zeitpunkt ein Preisdeckel auf Ölprodukte wie Diesel oder Heizöl. Damit sollen die Einnahmen des Kremls zur weiteren Kriegsführung verringert werden.
Der von der Europäischen Union, den G7-Staaten und Australien beschlossene Preisdeckel für russische Ölprodukte gilt ab Sonntag. Die Preisobergrenzen liegen bei 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) für Kraftstoffe wie Diesel, Kerosin und Benzin und 45 Dollar pro Barrel für Produkte wie Heizöl. Die Höhe war zuvor innerhalb der EU umstritten gewesen, am Freitagabend kam es jedoch zu einer Einigung.
«Dieser Beschluss wird die Einnahmen Russlands noch stärker beschneiden und seine Fähigkeit zur Kriegführung in der Ukraine einschränken», erklärte die EU-Kommission am Samstag. Bereits Anfang Dezember hatten die EU, die G7 und Australien einen Deckel für russisches Rohöl von 60 Dollar pro Barrel verhängt.
Mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski gibt es laut dem deutschen Kanzler Olaf Scholz die Vereinbarung, dass die aus dem Westen gelieferten Waffen nur auf ukrainischem Territorium, nicht aber auf russischem Gebiet eingesetzt werden dürfen. «Darüber besteht Konsens», antwortete Scholz auf eine Frage der «Bild am Sonntag».
Die Aussage des russischen Präsidenten Wladimir Putin, wonach mit der Lieferung von Leopard-2-Panzern wieder deutsche Panzer Russland bedrohen würden, wies Scholz zurück: Putins Worte «stehen in einer Reihe abstruser historischer Vergleiche, die er nutzt, um seinen Angriff auf die Ukraine zu rechtfertigen», sagte der Kanzler der Zeitung.
Putin habe bislang keine Drohungen gegen Deutschland ausgesprochen, sagte Scholz weiter. Er habe «weder mir gedroht noch Deutschland. In unseren Telefonaten werden unsere sehr unterschiedlichen Standpunkte (...) sehr klar. Ich mache Putin sehr deutlich, dass Russland die alleinige Verantwortung für den Krieg hat», sagte Scholz. Grossbritanniens Ex-Premierminister Boris Johnson hatte zuvor erklärt, Putin habe ihm am Telefon mit einem Raketenangriff gedroht.
Portugal hat sich bereit erklärt, der Ukraine in den kommenden Monaten Leopard-2-Kampfpanzer zu liefern. Wie Ministerpräsident Antonio Costa nach Angaben der Nachrichtenagentur Lusa vom Samstag sagte, ist seine Regierung in engen Gesprächen mit Deutschland, um die teils nicht funktionsfähigen Panzer instand zu setzen. Eine Zahl für die Lieferung an die Ukraine bestimmter Leopard 2 nannte Costa zunächst nicht.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte nach langem Zögern am 25. Januar die Lieferung von 14 Leopard-2-Kampfpanzern aus Bundeswehr-Beständen an die Ukraine angekündigt. Die Bundesregierung nannte dabei das Ziel, zusammen mit europäischen Partnern «rasch zwei Panzer-Bataillone mit Leopard-2-Panzern für die Ukraine zusammenzustellen». Dies wären nach deutschen Standards fast 90 Panzer.
Wie der «Spiegel» in seiner neuen Ausgabe berichtet, gestaltet sich die Aufstellung der Panzer-Allianz aber schwieriger als erwartet. Demnach gab es bis zum Freitag von den europäischen Partnern, die zuvor öffentlich die Lieferungen von modernen Kampfpanzern an die Ukraine eingefordert hatten, keine festen Zusagen. «Die Zusammenstellung der Bataillone entpuppt sich als mühsamer Kraftakt», zitierte der «Spiegel» aus Regierungskreisen.
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US-Justizminister Merrick Garland hat die erste Überweisung von beschlagnahmtem Geld eines russischen Oligarchen an die Ukraine bekanntgegeben. Das vom einflussreichen russischen Milliardär Konstantin Malofejew beschlagnahmte Geld werde ans US-Aussenministerium «zur Unterstützung des ukrainischen Volks» gehen, sagte Garland dem TV-Netzwerk CNN. Bei der Ankündigung in Washington war auch der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin anwesend. Ihm zufolge umfasst die Überweisung 5,4 Millionen Dollar (umgerechnet rund 5 Millionen Franken), die für den «Wiederaufbau der Ukraine» verwendet würden.
Garland zufolge waren die Vermögenswerte Malofejews im April 2022 beschlagnahmt worden, nachdem er wegen des Umgehens bestehender Sanktionen gegen ihn angeklagt worden war. Damals hatte Garlands Ministerium – das auch die oberste Bundesstrafverfolgungsbehörde der USA ist – erklärt, der Milliardär habe versucht, diese Sanktionen zu umgehen, um «heimlich» Medien in Europa zu kaufen. Malofejew gilt als einer der wichtigsten Finanziers pro-russischer Separatisten in der Ostukraine.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski macht nach dem Gipfel mit der EU in Kiew weiter Druck für einen raschen Beitritt seines Landes zur Europäischen Union. «Wir sprechen bereits als Mitglieder der EU», sagte Selenski in einer am Freitagabend in Kiew verbreiteten Videobotschaft. Der Status müsse nur noch rechtlich verankert werden. Die EU-Kommission mit Präsidentin Ursula von der Leyen an der Spitze hatte indes in Kiew betont, dass die Ukraine noch einen langen Weg bis zu einer EU-Mitgliedschaft vor sich habe.
Dagegen meinte Selenski, dass die EU-Vertreter bei dem Gipfel in Kiew am Freitag Beitrittsverhandlungen in Aussicht gestellt hätten. «Es gibt ein Verständnis, dass es möglich ist, die Verhandlungen über eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union dieses Jahr zu beginnen», meinte Selenski. Von EU-Seite gab es keine solchen konkreten Aussagen.

Selenski setzt grosse Hoffnung auf eine schnelle EU-Mitgliedschaft. «Wir bereiten die Ukraine auf eine grössere Integration in den internen Markt der EU vor – das bedeutet mehr Einkommen für ukrainische Unternehmen, mehr Produktion und Jobs in unserem Land. Und mehr Einkommen für unseren Staat und die lokalen Haushalte», sagte er. «Das ist das, was die Ukraine wirklich stärker macht.»
Die Ukraine werde alles dafür tun, dass die russische Aggression zu einem «Selbstmord» für Moskau werde. So habe auch die EU nun seinen Plan für einen Frieden in der Ukraine begrüsst. Kern von Selenskis Plan ist der Rückzug russischer Truppen, bevor Verhandlungen beginnen. Russland, das fast 20 Prozent des Gebiets der Ukraine kontrolliert, lehnt dieses Ansinnen als absurd ab.
Was am Samstag wichtig wird
Besonders hart umkämpft ist derzeit Bachmut im ostukrainischen Gebiet Donezk. Selenski betonte, dass die strategisch für die Ukraine wichtige «Festung» nicht aufgegeben werde. Die Schlacht um die Stadt gilt als besonders blut- und verlustreich. Bachmut könnte von russischen Truppen eingekesselt werden. Der Chef der russischen Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, kritisierte bei Telegram, Selenski widersetze sich Aufforderungen, die ukrainischen Truppen abzuziehen. Bachmut sei derzeit das «Hauptereignis dieses Krieges».
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Nach den EU-Mitgliedsstaaten haben sich auch die G7-Staaten und Australien auf Preisobergrenzen für russische Ölprodukte geeinigt. Wie aus einer gemeinsamen Erklärung hervorging, legten die Gruppe grosser Industriestaaten und Australien am Freitag Preisdeckel von 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) für Kraftstoffe wie Diesel und 45 Dollar pro Barrel für Produkte wie Heizöl fest.
Dieses Vorgehen zielt demnach darauf ab, «Russland daran zu hindern, von seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu profitieren» und die Stabilität der Energiemärkte zu fördern. Zuvor hatten sich die EU-Mitgliedsstaaten am Freitag auf ähnliche Preisobergenzen geeinigt.
Bei einem Gipfeltreffen in Kiew hat die EU am Freitag die «beträchtlichen Anstrengungen» der Ukraine bei ihrer Bewerbung um die Mitgliedschaft in dem Bündnis gewürdigt. «Die Zukunft der Ukraine ist bei der EU», betonte EU-Ratspräsident Charles Michel am Freitag nach dem EU-Ukraine-Gipfel in Kiew.
Die EU erkenne die Anstrengungen an, welche die Ukraine in den vergangenen Monaten unternommen habe, «um die ihrem Status als Beitrittskandidat zu Grunde liegenden Ziele zu erreichen», erklärten Michel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nach dem Gipfel. «Die Ukraine ist die EU, die EU ist die Ukraine», betonte Michel.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski seinerseits sagte, die Ukraine werde mit Blick auf die EU-Mitgliedschaft «keinen einzigen Tag» verlieren. «Unser Ziel ist ganz klar: die Aufnahme von Verhandlungen über eine Mitgliedschaft der Ukraine in der EU. Wir werden keinen einzigen Tag verlieren, um die Ukraine und die EU näher zusammenzubringen», sagte Selenski. Ein Beginn der Gespräche noch in diesem Jahr sei «möglich», sagte er später in seiner abendlichen Videoansprache. Die Ukraine ist seit 2022 offiziell EU-Beitrittskandidat und fordert einen schnellen Beitritt, möglichst schon innerhalb der nächsten zwei Jahre.
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Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich am Freitag auf Preisobergrenzen für russische Erdölprodukte geeinigt. «Die EU-Botschafter haben heute die Preisobergrenzen für Erdölprodukte gebilligt – vor einer endgültigen Verabschiedung durch den Europäischen Rat», erklärte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft im Onlinedienst Twitter. Nach Angaben von EU-Diplomaten liegen die Preisdeckel bei 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) für Kraftstoffe wie Diesel oder Kerosin und bei 45 Dollar pro Barrel für Produkte wie Heizöl.
Es handele sich um eine «wichtige Vereinbarung als Teil der (...) Reaktion der EU und ihrer Partner auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine», erklärte die schwedische Ratspräsidentschaft.
Die Preisobergrenzen gelten für verarbeitete russische Ölprodukte wie Diesel und Heizöl, die auf Schiffen der EU transportiert werden, und sollen am Sonntag in Kraft treten. Die vereinbarten Obergrenzen entsprachen einem Vorschlag der Europäischen Kommission und sollen die Einnahmen Russlands und somit seine Möglichkeiten, den Krieg in der Ukraine zu finanzieren, einschränken.
Die USA haben der Ukraine weitere milliardenschwere Militärhilfen und dabei auch Präzisionsraketen mit deutlich grösserer Reichweite als bislang zugesagt. Das neue Rüstungspakt mit einem Wert von knapp 2,2 Milliarden Dollar (rund 2,03 Milliarden Franken) umfasst auch sogenannte GLSDB-Raketen mit einer Reichweite von 150 Kilometern, wie ein Pentagon-Sprecher am Freitag sagte. Das ist fast doppelt so viel wie die Reichweite von Raketen, über die die Ukraine bislang verfügt. Dies würde es Kiew ermöglichen, russische Ziele weit hinter den Frontverläufen anzugreifen.
Die geplante Lieferung umfasst ausserdem Flug- und Panzerabwehrraketen, gepanzerte Fahrzeuge und Artilleriemunition. Die Waffen würden der Ukraine helfen, «ihre Bevölkerung zu verteidigen», erklärte das Pentagon.
Die USA sind der wichtigste Lieferant von Rüstungsgütern an die Ukraine. Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 haben die USA der Ukraine laut Pentagon Militärhilfen im Umfang von mehr als 29 Milliarden Dollar (ungefähr 27 Milliarden Franken) zugesagt.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski dringt angesichts der andauernden heftigen Kämpfe in der Ostukraine auf schnellere Waffenlieferungen für sein Land. «Wenn Waffenlieferungen beschleunigt werden – insbesondere Waffen längerer Reichweite – werden wir uns nicht nur nicht aus Bachmut zurückziehen, sondern auch damit beginnen, den besetzten Donbass zurückzuerobern», sagte Selenski am Freitag nach dem EU-Ukraine-Gipfel in Kiew vor Journalistinnen und Journalisten.
Hinsichtlich der erbitterten Kämpfe um die ostukrainische Stadt Bachmut äusserte sich der ukrainische Präsident zuversichtlich. «Niemand wird Bachmut aufgeben. Wir werden so lange kämpfen, wie wir können», sagte Selenski. «Wir betrachten Bachmut als unsere Festung.»

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Der Beginn des EU-Ukraine-Gipfels in Kiew ist am Freitag von einem landesweiten Luftalarm überschattet worden. Angaben aus der Hauptstadt zufolge wurde er wegen des Einsatzes russischer Kampflugzeuge im Luftraum über Belarus ausgelöst. Von dort aus werden regelmässig Raketen in Richtung Ukraine abgefeuert. Ob es Auswirkungen für den Gipfel gab, war zunächst unklar.
Bei dem Gipfel sollte neben der EU-Unterstützung für die Ukraine vor allem der Wunsch des Landes nach baldiger Aufnahme in die Europäische Union Thema sein. Die Ukraine hofft, noch in diesem Jahr mit den Verhandlungen zu beginnen. Die 27 EU-Staaten fordern allerdings zuvor die Umsetzung versprochener Reformen.
Nach EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war am Freitag auch EU-Ratspräsident Charles Michel zu dem Treffen mit dem ukrainischen Staatschef Wolodimir Selenski in Kiew eingetroffen. Der Belgier sicherte der Ukraine bei seiner Ankunft weitere Unterstützung im Krieg gegen Russland zu. «Unsere Entschlossenheit wird nicht nachlassen», machte er deutlich. Man werde die Ukraine auch bei jedem ihrer Schritte auf dem Weg in die EU unterstützen.

Der ukrainische Vizeaussenminister Andri Melnik hat die Genehmigung der deutschen Regierung für die Lieferung von älteren Leopard-1-Kampfpanzern aus Industriebeständen an sein Land begrüsst. Dies sei eine «längst überfällige und bedeutsame Entscheidung der ‹Ampel'», sagte Melnik dem Berliner «Tagesspiegel». Die Regierung in Berlin hatte nach eigenen Angaben zuvor grünes Licht für die Ausfuhr der bei der Armee längst ausgemusterten Panzer gegeben. Sie sollen aus Industriebeständen kommen.
Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland machte erneut deutlich, «dass die Ukraine viel mehr deutsche Waffensysteme benötigt». Dies sei notwendig, «um die geplante Grossoffensive der übermächtigen russischen Armee im Frühjahr abzuwehren und die besetzten Gebiete zu befreien». Dies gelte auch für eine Lieferung von Kampfflugzeugen. «Wir fordern die ‹Ampel› auf, grünes Licht auch für die Lieferung deutscher Tornado-Kampfjets, Kriegsschiffen und U-Booten zu geben», erklärte Melnik.
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit bekräftigte am Freitag die derzeitige Ablehnung der Lieferung von Kampfjets durch Kanzler Olaf Scholz. «Das steht im Augenblick nicht an und wir warnen davor, diese Debatte zu führen.» Es gebe «einen Unterschied zwischen Kampfpanzern und Kampfflugzeugen. Und diesen Unterschied sollten wir auch wahren.»
Russland will «ausländische» Güter und Vermögenswerte in der annektierten Krim verstaatlichen und einen Teil des Geldes an Soldaten weiterleiten, die in der Ukraine kämpfen. Der Präsident des von Russland auf der Krim eingesetzten Regionalparlaments, Wladimir Konstantinow, teilte am Freitag auf Telegram mit, das «Vermögen ausländischer Bürger und Staaten, die feindliche Taten gegen Russland ausüben», zu verstaatlichen.
Das Gesetz ziele auf das Vermögen ukrainischer Einzelpersonen und Unternehmen und sei einstimmig beschlossen worden, hiess es weiter von Seiten des 2014 nach der Annexion der Halbinsel Krim installierten Regionalparlaments.
Ein Teil der Vermögenswerte fliesse zur Unterstützung «an die Teilnehmer der Spezial-Militäroperation», sagte Konstantinow der Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Behörden sollen die Gelder teilweise verteilen, indem kostenlos «Grundstücke zur Verfügung gestellt» werden, teilte die Regionalregierung mit.
Den staatlichen russischen Nachrichtenagenturen Tass und Ria Nowosti zufolge befinden sich auf der Liste der reichste Mann der Ukraine, Rinat Achmetow, der Oligarch Ihor Kolomojski, ein Dutzend ukrainische Banken, der Fussballverein Dynamo Kiew und Fabriken – insgesamt «rund 500 Einrichtungen in Zusammenhang mit diversen Unternehmen, Banken, Tourismus und Sport», teilte Konstantinow auf Telegram mit.
Norwegen will 54 Leopard-2-Panzer der neuen Generation aus Deutschland kaufen, um ältere Panzer des gleichen Modells zu ersetzen. Die norwegische Regierung kündigte am Freitag weiter an, es gebe zudem eine Option auf 18 zusätzliche Leopard-2-Panzer. Regierungschef Jonas Gahr Store sprach von einer «der schwierigsten Sicherheitslagen seit dem Zweiten Weltkrieg» für sein Land.
«Wir haben aufgrund der russischen Invasion eine ernste Situation», sagte Store mit Blick auf den Krieg in der Ukraine. «Ich nenne das einen neuen ‹Eisernen Vorhang›, fuhr er mit Verweis auf den Ost-West-Konflikt während der Zeit der deutschen Teilung fort.

Der Auftrag an das deutsche Rüstungsunternehmen Krauss-Maffei Wegmann ist Teil eines 19,7 Milliarden Kronen (1,8 Milliarden Euro) schweren Verteidigungspakets, das bereits vom norwegischen Parlament verabschiedet wurde.
Die Bestellung der Leopard-Panzer vom Typ 2A7 ermöglicht es Norwegen, seine Panzerflotte von 36 Leoparden des Typs 2A4 zu ersetzen, von denen einige an die Ukraine abgegeben werden sollen.
Oslo hatte nach dem grünen Licht aus Berlin zur Abgabe von den in Deutschland hergestellten Leopard-Panzern an die Ukraine angekündigt, «so schnell wie möglich» liefern zu wollen. Norwegen hatte wegen der neuen Panzer bis zuletzt zwischen der neuesten Leopard-Generation und dem südkoreanischen K2 Black Panther geschwankt. Die ersten Lieferungen der neuen Panzer werden für 2026 erwartet, der letzte soll bis 2031 ausgeliefert sein.
SDA/AFP/Redaktion Tamedia
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