Trendgemüse wächst auf Furttaler Acker
Ob frittiert, püriert oder gratiniert – Süsskartoffeln sind seit einiger Zeit sehr angesagt. Meist wird das Windengewächs aus wärmeren Regionen importiert, heuer gibt es sie auch aus Dänikon. An der Ernte beteiligen sich vier Flüchtlinge.
In einem dunklen Raum auf dem Areal der Leuenberger Gemüse AG stapeln sich Süsskartoffeln in Kisten. «Sie lagern hier während zehn Tagen bei hoher Temperatur und einer Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent», erklärt Inhaber Michael Aeschlimann. Dadurch werde die Schale fester und die Knollen können gewaschen werden, ohne dass die empfindliche Haut gleich kaputt geht. «Ich bin nicht der Erste in der Schweiz und auch nicht der Erste im Kanton, der Süsskartoffeln anbaut, doch ich bin der Erste im Furttal», sagt der Gemüseexperte stolz.Es gibt zweierlei Gründe, warum die Bataten – eine andere Bezeichnung für das Windengewächs – in unseren Breitengraden eher selten kultiviert werden: «Der Anbau ist sehr anspruchsvoll und benötigt viel Handarbeit: Das Pflanzen, die Pflege sowie die Ernte können nicht mit der Maschine gemacht werden, da die Süsskartoffeln zu empfindlich sind», erklärt Aeschlimann. Ausserdem gedeihen sie vor allem in subtropischem Klima gut, was nicht gerade dem hiesigen entspricht. «Frost mögen sie gar nicht. Am besten ist heisses und trockenes Wetter ab 24 Grad.» Deswegen wurden die Stecklinge auch erst Ende Mai eingepflanzt.
Steigende Nachfrage
Wieso also hat sich Aeschlimann für diese aufwändige Arbeit entschieden? Der Anbau ist eine Reaktion auf die steigende Nachfrage: «In den letzten Jahren ist der Süsskartoffel-Trend aus den USA zu uns rüber geschwappt. Viele Grossverteiler in Europa importieren aus Übersee.» Doch heuer kommen auch Süsskartoffeln aus Dänikon auf den Markt, der Betriebsleiter rechnet mit einer Ernte von rund 30 Tonnen: «Dieser Ertrag ist noch nicht ganz optimal. Für nächstes Jahr können wir aber aus den Fehlern lernen.» Dann will Aeschlimann die Setzlinge früher einpflanzen und stärker bewässern. Ein weiterer Knackpunkt ist, dass es viele Schäden durch Mäuse gab. Die Nager höhlen die orangen Wurzelgewächse regelrecht aus. «Die Spuren sind klar ersichtlich, doch eine Maus haben wir auf dem Feld nie gesehen», berichtet Aeschlimann erstaunt.
Beschäftigung auf dem Feld
Nachdem der Boden für die Ernte maschinell gelockert wurde, müssen die Wurzelgewächse von Hand einzeln aus der Erde gezogen werden. Dafür hat Michael Aeschlimann Flüchtlinge engagiert, die in Dänikon wohnen. Ein Bekannter von ihm hat mit einer Stiftung zusammengearbeitet und benachteiligte Personen in einem geschützten Arbeitsumfeld angestellt und ihn so auf die Idee gebracht, etwas Ähnliches zu tun. «Landwirtschaftliche Arbeit eignet sich gut als Beschäftigungsmöglichkeit für Asylsuchende», sagt Aeschlimann. Er ging mit seinem Vorhaben auf den Gemeinderat zu, den er davon überzeugen konnte.
Doch ob und was Asylsuchende und Flüchtlinge arbeiten dürfen, ist abhängig vom Status ihrer Aufenthaltsbewilligung: Während Asylsuchende mit Status N keinen Rechtsanspruch auf eine Erwerbstätigkeit haben, können vorläufig aufgenommene Flüchtlinge (VA; Ausweis F) oder anerkannte Flüchtlinge (Ausweis B) eine Bewilligung für eine Erwerbstätigkeit erhalten. «Asylsuchende können sich allerdings bei von der Gemeinde bewilligten Beschäftigungsprogrammen engagieren, die einen sozialen Charakter haben oder im öffentlichen Bereich sind», erklärt Ulrich Sauter, Sozialvorstand von Dänikon.
Bewilligung zum Ernten
Während bei der Bepflanzung im Juni sowohl Asylsuchende als auch vorläufig Aufgenommene dabei waren, erhielten für die Ernte nur noch rund die Hälfte aller Beteiligten – davon drei vorläufig Aufgenommene und ein anerkannter Flüchtling – eine Bewilligung vom Kanton.
Seit Montag sind die Männer aus Somalia, Äthiopien, Eritrea und Afghanistan gemeinsam mit zwei Angestellten von Michael Aeschlimann daran, die Süsskartoffeln zu ernten. «Ich habe bisher noch nie so etwas gemacht. Es ist anstrengend, aber es gefällt mir gut», berichtet der 21-jährige Afghane. Ausserdem esse er die Süsskartoffeln auch gerne. Seine drei Kollegen finden ebenfalls Gefallen an der Arbeit: «Es ist cool», bestätigt der 18-jährige Somalier.
Die Männer erhalten für ihren Einsatz von der Leuenberger Gemüsekulturen AG den für eine solche Arbeit üblichen Stundensatz. «Für mich kommt es gleich teuer, wie wenn ich Saisonniers anstelle», sagt Aeschlimann. Sauter erklärt weiter: «Dieser Lohn wird mit ihrer Sozialhilfeleistung abgeglichen, so dass sie am Schluss je nach Pensum zwischen 100 und 200 Franken dazu verdienen.»
Es sei ein erster Schritt in Richtung selbstständiges Arbeiten. «Und mit solchen Aktivitäten lernen sie uns und unsere Mentalität auch besser kennen», fügt der Gemeinderat an, der weiter versucht, für die Asylsuchenden ebenfalls eine Bewilligung für diese Arbeit in einem Beschäftigungsprogramm zu erwirken.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch