Zollchef räumt den PostenKarin Keller-Sutter tauscht umstrittenen Spitzenbeamten aus
Beim Personal war Christian Bock unbeliebt, die groben Schwächen in der Revision des Zollgesetzes wurden ihm angelastet: An der Spitze der Zolldirektion kommt es zum Neuanfang.

Erst rettete die neue Finanzministerin Karin Keller-Sutter im Frühjahr mit dem Zollgesetz das wichtigste Projekt, das die Zollverwaltung seit Jahrzehnten gestemmt hat. Jetzt trennt sie sich von jener Person, die in letzter Instanz verantwortet hat, dass der erste Schritt überhaupt erst nötig wurde: Christian Bock ist ab sofort nicht mehr Chef des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit.
Der Bundesrat hat die Suche nach einer Nachfolge eingeleitet und mit Bocks Stellvertreterin Isabella Emmenegger eine Übergangsdirektorin eingesetzt, wie er am Mittwochmorgen mitgeteilt hat.
Ruppiger Umgangston
Üblicherweise werden die Verhaltensweisen von Spitzenbeamten in der Öffentlichkeit nicht diskutiert. Im Fall von Christian Bock, der vom Bundesrat 2016 zum Direktor der damaligen eidgenössischen Zollverwaltung gewählt worden, lagen die Dinge jedoch seit Jahren anders. Der Umgangston sei zu ruppig, sagten die Angestellten unter anderem.

So forderte Bock 2019 in einem Schreiben an die Belegschaft «meh Dräck». Er meinte damit eine höhere Einsatzbereitschaft. Es sei erschreckend, wie er «in herablassendem Ton pauschal seine Belegschaft kritisiert», zitierte damals die «SonntagsZeitung» Barbara Gysi, die Präsidentin des Personalverbands des Bundes.
Die Sozialpartnerschaft habe ungenügend funktioniert, sagt Sarah Wyss, Präsidentin der Zöllnergewerkschaft Garanto und Basler SP-Nationalrätin.
Parlamentarier zerzausten Bocks Gesetzesentwurf
Eine selten gesehene Ladung an Kritik musste Bock in den letzten Monaten einstecken, als der Bundesrat das von seinem Amt überarbeitete Zollgesetz in die parlamentarische Beratung schickte.
Die Zollgesetzrevision soll unter anderem die bisher eigenständigen Berufe der Zöllner und Grenzwächter vereinheitlichen, was grossen Widerstand hervorgerufen hatte. Neben einer Vereinfachung vieler Prozesse soll es die Grundlage für die Digitalisierung der Zollformalitäten legen.
Als «nicht behandlungsreif» bezeichnete die Rechtskommission des Nationalrats die Vorlage, als sie sie vergangenen Herbst zu Gesicht bekam. Auch die Vorbehalte der Kantone waren schwerwiegend. Um die Revision zu retten, setzte die im Januar angetretene Keller-Sutter einen Vermittler ein.
«Er war ein wenig wie der Elefant im Porzellanladen.»
Der Aargauer Alt-Regierungsrat und ehemalige SP-Nationalrat Urs Hofmann vermittelte zwischen den Beteiligten. Er schaffte es in diesem Frühjahr, innert Wochen zahlreiche Verbesserungen am Text zu bewirken. Anfang April entschied die Wirtschaftskommission des Nationalrats darum, auf die Vorlage einzutreten und sie dem Bundesrat nicht als Ganzes zur Überarbeitung zurückzuüberweisen.
Das hätte für international tätige Unternehmen, die seit Jahren auf eine Überarbeitung des Zollgesetzes warten, einen teuren Rückschlag bedeutet.
«Er war ein wenig wie der Elefant im Porzellanladen», schaut Gewerkschaftspräsidentin Wyss auf Bocks Amtszeit zurück. «Man muss ihm zugutehalten, dass er das Grossprojekt der Zollgesetzrevision engagiert angepackt hat, auch wenn wir die Vorgehensweise kritisiert haben.»
Kritik am ehemaligen Chef Ueli Maurer
Vor allem jedoch sei das aus ihrer Sicht schlechte Management der Behörde auch ein Versagen von Ueli Maurer, Keller-Sutters Vorgänger im Finanzdepartement. «Maurer hat Bock einfach machen lassen», sagt Wyss.
Selbst als die Geschäftsprüfungskommission des Ständerats im vergangenen Jahr Kritik geübt habe, habe Maurer nicht reagiert. Die Kommission hatte kritisiert, dass gewisse Aspekte der geplanten Revision bereits durchgeführt würden, obwohl das Gesetz noch lange nicht vom Parlament verabschiedet sei.

Unter anderem wurde bereits in die Tat umgesetzt, dass Zöllner neu an der Waffe ausgebildet werden. «Keller-Sutter hat die Probleme offensichtlich erkannt und ist sie nun aktiv angegangen», sagt Wyss.
Trotzdem ist nicht bekannt, ob Keller-Sutter oder Bock die treibende Kraft hinter der Trennung ist. Der Bundesrat schreibt in seiner Medienmitteilung von einer «einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses». Denkbar ist neben einer Entlassung, dass Bock sich zu einem Stellenwechsel entschieden hat, nachdem das Grossprojekt der Gesetzesrevision – dank fremder Hilfe zwar – zurück in die Spur gefunden hat.
Ein Sprecher des Finanzdepartements kommentierte auf Nachfrage weder diese Angelegenheit noch die Kritik am ehemaligen Zollchef. Bock selbst stand für eine Stellungnahme nicht zur Verfügung.
Am Schluss sandte er dem Personal nicht einmal mehr Weihnachtsgrüsse
Laut «20 Minuten» erhält Bock eine Abgangsentschädigung in Höhe von zwölf Monatslöhnen. Zuerst jedoch werde er dem Finanzdepartement noch während zweier Monate für «Spezialaufgaben» zur Verfügung stehen und während einer dreimonatigen Kündigungsfrist Lohn beziehen.
Bock sei schon seit Wochen krankgeschrieben und nicht mehr im Büro gesichtet worden, schrieben die Zeitungen von CH Media am Mittwoch. Überhaupt sei der so unbeliebte Chef seit Monaten in den Büros der Zollverwaltung kaum mehr spürbar gewesen. Er habe nicht einmal mehr die üblichen Weihnachtsgrüsse an die Belegschaft gerichtet.
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