Porträt von Katja Stauber28 Jahre Perfektion
Die souveränste SRF-Moderatorin hatte am Freitagabend ihren letzten «Tagesschau»-Auftritt – ausgerechnet in diesen struben Zeiten.

Die Schweiz schaut «Tagesschau», fast wie früher. Seit Mitte März schalten jeweils weit über eine Million zur Hauptausgabe ein, so viele wie seit zwanzig Jahren nicht mehr.
Und dann dieses Blackout. Oder diese, so die offizielle Bezeichnung, «Havarie beim Tonpult». Software runterfahren und wieder rauffahren. Eine Viertelstunde vergeht. Die Schweiz wartet. Und wartet.
Das war vor zwei Wochen, mittendrin Moderatorin Katja Stauber. Die Nachrichtenfrau wollte eigentlich früher abtreten, aber die Rochade verlief schleppender als gedacht. Also moderiert Stauber hinein in die Corona-Krise. Sie tat das auch in der Tonpult-Havarie souverän wie stets. Auch wenn sie so was noch nie erlebt habe, wie Stauber am Telefon sagt.
Seriosität signalisieren
Diesen Freitag hat die 57-Jährige ihren letzten «Tagesschau»-Auftritt. Die ersten Tage der Corona-Krise habe man ihr schon angesehen, meint sie. Es fällt einem schwer, Stauber recht zu geben. Ihre Moderationen unterschieden sich nicht von ruhigeren Tagen.
Die Wahlzürcherin blieb stets stoisch, ein Hochdeutsch von dezenter Färbung, die Tonalität von noch dezenterer Süffisanz. Es war ein Stil, den man «hanseatisch» nennen könnte. Stauber hat Ulrich Wickert und Sabine Christiansen in den Neunzigern genau studiert: Seriosität signalisieren als oberstes Gebot.
Verbal-Arabesken, wie sie ihr Mann Florian Inhauser so liebt, oder gar Witzeleien à la Stephan Klapproth – nichts schien der Tochter einer deutschen Sekretärin ferner.

Katja Stauber lebte ihre ersten sieben Jahre in Südwestafrika, dem heutigen Namibia. Ein Frauenhaushalt, Mutter und Tante beide berufstätig. «Ich war oft allein, lernte früh, selbstständig zu sein – und das Leben Tag für Tag zu nehmen.» Diese Einstellung hat Stauber offenbar beibehalten: Was sie ihrem Millionenpublikum bei der finalen Abmoderation sagen wird, wusste sie am Donnerstag noch nicht. Am Freitagmorgen werde sie es dann langsam wissen, sagt Stauber.
Kurz ins Grübeln geraten
Seit 1992 moderierte Katja Stauber die wichtigste TV-Sendung des Landes, von Clinton bis Corona. Muss sie ausgerechnet jetzt abtreten, in diesen turbulenten Zeiten? Im Wissen darum, dass altbekannte TV-Gesichter ein wenig Beständigkeit vermitteln können? Die Leute würden sich auch bei Andrea Vetsch aufgehoben fühlen, sagt Stauber. Ihre Nachfolgerin sei ja nicht komplett unbekannt.
Stauber wird künftig hinter der Kamera als Produzentin arbeiten, also mitbestimmen, welche Schwerpunkte in der «Tagesschau» gesetzt werden, welche Beiträge wann in welcher Länge gezeigt werden. Stauber will «mehr Weltberichterstattung machen, auch mal Good News aus Afrika bringen».
Ihrer letzten Sendung scheint die Moderatorin mit kompletter Gelassenheit entgegenzugehen. Nur einmal scheint sie beim Gespräch etwas ins Grübeln zu geraten – auf die Frage hin, an welchen ihrer «Tagesschau»-Versprecher sie sich besonders gut erinnere. Es käme ihr da gerade keiner in den Sinn, sagt Stauber.
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