Experimente mit künstlichen OrganenViren können wachsendes Gehirn schädigen
Österreichische Forscher haben künstliche Minigehirne geschaffen, anhand deren sie erforschen können, wie Viren das sich entwickelnde Gehirn angreifen.

Seit einigen Jahren können Wissenschaftler mithilfe von im Labor gezüchteten Nervenzellhaufen auch die Gehirnentwicklung im Labor studieren. Anhand solcher sogenannter Organoide – die Organen in einem frühen Entwicklungsstadium ähneln – haben Wiener Forscher nun gezeigt, wie Viren das wachsende Gehirn schädigen. Im Fachjournal «Cell Stem Cell» berichten sie über die Mechanismen, mit denen Zika- und Herpes-simplex-Viren Gehirnschäden bei Ungeborenen verursachen.
Viren kapern Zellen und programmieren diese so um, dass sie nur noch andere Viren produzieren. Deshalb sind manche Vireninfektionen während der Entwicklung des menschlichen Gehirns besonders kritisch. Muss sich doch aus nur wenigen Vorläuferzellen durch streng regulierte Teilungen ein riesiges Netzwerk verschiedenster Nervenzellarten entwickeln. Passieren in dieser Phase Fehler, können Fehlbildungen im Gehirn die Folge sein.
Aus diesem Grund gelten Infektionen während der Schwangerschaft etwa mit Rötel-Viren, Herpes-simplex-Viren (HSV) oder Zika-Viren als besonders kritisch. So kamen etwa 2015 in Lateinamerika viele Kinder, die im Mutterleib einer Zika-Infektion ausgesetzt waren, mit einem viel zu kleinen Gehirn (Mikrozephalie) auf die Welt.
Das Zika-Virus schädigt Vorläuferzellen
Bisher sei es nicht möglich gewesen, den Einfluss bestimmter Viren auf die Gehirnentwicklung systematisch am Menschen zu untersuchen, teilte das Institut für Molekulare Biotechnologie (Imba) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit. Die erstmals am Imba entwickelten Gehirn-Organoide, die aus menschlichen Haut- und Blutstammzellen herangezüchtet werden, würden es nun aber erlauben, den Einfluss von Infektionen auf die menschliche Gehirnentwicklung neu zu beleuchten und Therapien zu testen.
Konkret untersuchten die Forscher um Veronika Krenn und Jürgen Knoblich den Befall menschlicher Gehirn-Organoide durch Zika- und Herpes-simplex-Viren. Dabei zeigten sich unterschiedliche Mechanismen: «Das Zika-Virus wirkt sich beispielsweise auf das Wachstum aus. Die Vorläuferzellen werden geschädigt und bilden zu wenig Zellnachkommen aus, und das Gehirn bleibt viel zu klein», sagt Krenn. Die Übertragung von HSV von der werdenden Mutter auf das ungeborene Kind kann wiederum zu Sepsis und schweren Defekten im sich entwickelnden Gehirn führen.
Die Wissenschaftler sehen in den Organoiden auch ein ideales Modellsystem, um die Entwicklung neuer Therapien gegen solche Viren voranzutreiben. So gelang es ihnen, Herpes-infizierte Gehirn-Organoide durch die Gabe von Interferon Typ 1 vor Fehlbildungen zu schützen. Die Forscher wollen nun eine Vielzahl neuer Substanzen gegen Vireninfektionen des menschlichen Gehirns an den Organoiden testen. An solchen Medikamenten mangelt es bislang.
Fehler gefunden?Jetzt melden.