Vor Weihnachten ins Mittelalter abgetaucht
Es braucht Mut, zwei Tage vor Weihnachten eine Mittelalterparty zu organisieren. Doch das Experiment im Klotener Floor Club gelang, der Aufmarsch von mittelalterlich gekleideten Menschen war gross.

Ob es die Sehnsucht ist nach einer einfachen, naturverbundenen Lebensweise? Jedenfalls trafen sich am Samstagabend im Floor Club an der Oberfeldstrasse 70 Gäste in teils selbstgefertigten Kostümen, um gemeinsam ein üppiges Mahl mit Gerstensuppe und Fleischplatte in mittelalterlichem Ambiente zu geniessen.
Bewusst verzichtete die Embracher Organisatorin Anita Huber auf detailgetreue Originalität. Denn im Mittelalter, vom sechsten bis zum fünfzehnten Jahrhundert, war das Angebot von Lebensmitteln sehr bescheiden. Kartoffeln, Mais und Tomaten erreichten Europa erst am Ende des Mittelalters, hergebracht aus der neuen Welt durch die Entdecker aus Italien, Spanien und Portugal. Davor kam nur auf den Tisch, was die eigenen Äcker und Tiere hergaben. Strassen für umfangreiche Lebensmitteltransporte gab es kaum, Gewürze waren rar.
Nicht in die Hand schneuzen
Begrüsst und während des Essens musikalisch unterhalten wurden die Gäste durch das Trio mit dem doppelsinnigen Namen Hellebarden. Die drei Musiker singen ihre Lieder ohne Noten. Von Landsknechtgesängen seien kaum Hinweise zu finden, die Lieder wurden von Generation zu Generation weitergegeben. Einzig von Minnegesängen sind aus historischen Quellen Aufzeichnungen vorhanden. Abwechselnd mit den Hellebarden spielte die Künstlerin Layla Winter aus Winterthur mittelalterliche Melodien auf einer keltischen Harfe.
Zu Beginn des Festmahls wünschte Anita Huber in einer spassigen, auf Altdeutsch vorgetragenen Ansprache der Gästeschar «manch frohe und fröhliche Stund in dieser Rund» und gab auch Anstandsregeln durch: «Schneuzen ist erlaubt, aber nicht in die Hand, dafür habt ihr euer Gewand.» Offenbar gab es im Mittelalter noch keine Taschentücher.
Die Motivation zur Teilnahme an Mittelalteranlässen ist vielfältig. Hermann Werner, er organisierte zusammen mit der Mittelaltergilde den Mittelaltermarkt in Bassersdorf, schätzt das Abschalten und ein paar Stunden ohne Uhr, Telefon und Facebook: «In mittelalterlichen Kleidern finde ich im Kreise Gleichgesinnter zu mir selber.» Cornelia und Emanuel Sutter aus Dinhard kauften ihre antiken Kleider auf Mittelaltermärkten, die handgefertigten Schuhe in Bulgarien.
Den Eingang zum Festsaal bewachte Beat Rathgeb aus Effretikon, in einer roten Uniform der im Jahr 1506 zum Schutze des Papstes gegründeten Schweizergarde in Rom. Allerdings gibt es keine überlieferten Hinweise, wie die Gardisten damals gekleidet waren, ausser dass sie das Schweizerkreuz auf der Brust trugen. Die heute getragenen, bunten Uniformen wurden erst 1906 eingeführt.
Party bei Kerzenlicht
Zwei Stunden vor Mitternacht trafen die Gäste ein, die am Mahl nicht teilnahmen, die meisten davon waren mittelalterlich gewandet. Mit Musik mit Melodien aus früheren Zeiten, ergänzt durch moderne Elemente, feierten die insgesamt 250 Besucher bei Laternen- und Kerzenlicht bis in die frühen Morgenstunden. Die Unternehmerin von Kontrast Event, Anita Huber, ist mit dem Ergebnis des Anlasses sehr zufrieden: «Die Gäste schätzten die friedliche Atmosphäre, die ausgelassene Stimmung und den Kontrast zum Alltag.»
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