Unihockey: Strichkampf in der NLBWarum der Jets-Cheftrainer in jedem Spiel um zehn Jahre altert
Kloten-Dietlikon hat eine positive Bilanz und muss doch ums Playoff zittern. Mit Santeri Kaarre soll nun ein robuster Finne helfen, den Karren ganz aus dem Dreck zu ziehen.

Es gibt Menschen, die schneller altern als andere. Dazu zählt sich aktuell Sven Engeler. Der Cheftrainer der Jets ist 34 Jahre alt. «Doch wenn dieses Nervenspiel so weitergeht», bemerkt er zwischen Lachen und Seufzen, «bin ich Ende Saison ein Greis.» Genauso hat er das seinen Spielern nach dem knappen 4:3-Sieg gegen Fribourg gesagt.
Die Kloten-Dietlikon Jets haben hinter den beiden Spitzenreitern Thun und Obwalden die beste Plus-Minus-Bilanz der Nationalliga B, stecken aber trotz eines beachtlichen Überschusses von 21 erzielten Treffern mitten im Strichkampf. Es ist ein Ausdruck dessen, was Trainer Engeler mitunter gerade am meisten beschäftigt: «Wir gewinnen einige Spiele zwar hoch, verlieren aber zu viele Duelle zu knapp.»
Hitz fasst sich ein Herz
Die Jets sind mit einem Durchschnittsalter von kaum 23 Jahren ein junges Team, dem in der entscheidenden Phase einer Begegnung manchmal noch die Umsicht und Routine fehlt. Auch das Duell gegen Fribourg war eine Zitterpartie. Doch hatten die Jets für einmal ein bisschen Glück, den ausgezeichneten Torhüter Simon Bergström und mit Rodrigo Hitz einen treffsicheren Youngster auf ihrer Seite. Zwei Minuten vor Spielschluss fasste sich der 20-jährige Hitz ein Herz und versenkte den Ball mit einem sehenswert satten Schuss zum 4:3. Für einmal rächte sich nicht, dass die Jets in der Folge noch drei weitere hochkarätige Chancen vergaben, aber es kostete Nerven. «Diese drei Punkte», sagt Engeler sichtlich erleichtert, «waren ungemein wichtig für uns.»

Die Jets haben sich mit dem jüngsten Erfolg in der Tabelle etwas Luft verschafft. Drei Runden vor Schluss trennen sie auf Rang 5 liegend aber weiterhin nur drei Punkte vom Strich. Immerhin haben die Unterländer mit dem Nachtragsspiel gegen das drittplatzierte Sarganserland im Vergleich mit der direkten Konkurrenz noch eine Partie mehr in Aussicht. Klar ist: Ein Sieg gegen Playout-Kandidat Gordola allein wird nicht reichen, um den Playoff-Einzug zu sichern. Zu viele Direktbegegnungen stehen noch an, Trainer Engeler bezeichnet die Situation zurecht als «unberechenbar».
Ausländer dominieren NLB
Es braucht nur einen kurzen Blick auf die Skorerliste, um zu erkennen, wer in dieser Liga den Unterschied ausmacht: die Ausländer. Mit dem Thuner Reto Graber figuriert nur ein einziger Schweizer Spieler in den Top Ten. Mehrheitlich, so scheint es, wird das Toreschiessen an die ausländischen Verstärkungsspieler delegiert. Exemplarisch dafür stehen die drei schwedischen Söldner des zweitplatzierten Ad Astra Obwalden. Das Trio hat doppelt so viele Punkte erzielt wie der Rest des Teams zusammen.
«Es entspricht ganz und gar nicht unserer Philosophie, einfach auf ausländische Spieler zu setzen.»
Die Jets, die doch eigentlich ab dieser Saison wieder vom Aufstieg sprechen wollten, stehen vor einem Dilemma. «Es entspricht ganz und gar nicht unserer Philosophie, einfach auf ausländische Spieler zu setzen», betont Sven Engeler. Und doch kann sich der Verein diesem Wettrüsten wohl kaum ganz entziehen, wenn er irgendwann mit seinem Männer-Team wieder in die NLA zurückkehren will. «Mir gefällt unsere Mischung», sagt der Trainer. «Aber ein, zwei weitere Topausländer mehr auf dem Feld wären schon hilfreich.»

Die Punktequote der Jets präsentiert sich aktuell weitaus ausgeglichener als jene der NLB-Spitzenteams. Zwar führt mit dem filigranen Finnen Juho Sorri ebenfalls ein Ausländer die interne Skorerliste an, doch dahinter haben sich neben Routiners wie Yannick Jaunin, Joel Renold und Michel Wüst auch junge Spieler auf die Top-Ten-Plätze eingeschossen. Dazu gehören Jan-Peter Burri und Basil Schibli, die gegen Fribourg unbekümmert in der ersten Linie aufliefen, oder auch Hitz und Ryan Ulrich aus dem eigenen Nachwuchs. Letzterer zeigt für seine 22 Jahre eine aussergewöhnliche Spielübersicht, die er auch seiner brillanten Technik verdankt. Ulrich kontrolliert den Ball blind – und hat so stets den Blick frei für den Mitspieler. «Sie alle entwickeln sich zu Stammkräften», sagt Engeler und fordert neben Zuversicht noch ein bisschen Geduld: «Diese Breite im Kader wird uns in Zukunft ganz bestimmt eine Aufstiegschance bringen.»

Nichtsdestotrotz haben nun aber auch die Jets auf die heisse Phase der Meisterschaft hin aufgerüstet. Denn mit dem Schweden Jacob Larsson wurde der Vertrag vor Weihnachten aufgelöst. «Wir konnten für ihn keinen Job finden», begründet Sportchef Samuel Kuhn den Entscheid. Der Verein habe gemeinsam mit dem Spieler unzählige Bewerbungen geschrieben – ohne Erfolg. Larsson, der in Schweden ein Paddel-Center geführt hatte, sei überall an seinen fehlenden Deutschkenntnissen gescheitert. Das und die Tatsache, dass er wegen einer hartnäckigen Fussverletzung angeschlagen war, führten am Ende zur Trennung.
Santeri Kaarre kommt
Ersetzt wird der Stürmer nun durch den Finnen Santeri Kaarre, der zuletzt in Oulu in der dritthöchsten finnischen Liga gespielt und regelmässig getroffen hat. Das klingt erst einmal unspektakulär, doch Kuhn betont, dass das Niveau der dortigen Spitzenmannschaften durchaus mit der Schweizer NLB zu vergleichen ist. Der 26-Jährige wird bereits in der Doppelrunde vom kommenden Wochenende in Blau-Gelb auflaufen und nicht zu übersehen sein: 190 Meter gross und 86 Kilogramm schwer ist Kaarre allein schon mit seinen Körpermassen prädestiniert dafür, mit den Jets den Karren noch rechtzeitig ganz aus dem Dreck zu ziehen.
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