Fussball-EM der FrauenDie Schweizerinnen geben gegen Portugal den Sieg aus der Hand
Nach zwei frühen Toren ziehen die Schweizerinnen eine schwache zweite Hälfte ein. Nach dem 2:2 gegen Portugal liegt der Viertelfinal in weiter Ferne.

Vielleicht ging am Anfang alles ein bisschen zu einfach: Nach 80 Sekunden erzielte Coumba Sow das 1:0. Vier Minuten später und nach dem Tor von Rahel Kiwic stand es 2:0 für die Schweizerinnen in diesem EM-Auftakt gegen Portugal. Vielleicht wähnten sich alle irgendwie in einer falschen Sicherheit. Vielleicht waren die Gedanken da schon ein klein wenig bei den nächsten beiden Spielen, beim Duell gegen die Weltnummer 2 Schweden und die Titelverteidigerinnen aus den Niederlanden.
Nach einer guten ersten Halbzeit gab Nils Nielsens Team das Spiel jedenfalls aus den Füssen. Captain Lia Wälti sagte sogar: «Wir haben die Struktur verloren. In der zweiten Hälfte sind wir überlaufen worden.» Diana Gomes erzielte in der 58. Minute den Anschlusstreffer, Jessica Silva glich acht Minuten später aus. Und hätte die Goalie Gaëlle Thalmann vor 5902 Fans im Leigh Sports Village einen weniger guten Tag erwischt, die Schweiz hätte nicht 2:2 gespielt, sondern diese Partie verloren.
Die Schweiz verpasst also jenen Sieg, den sie in diesem Auftaktspiel so dringend gebraucht hätte. Nur mit drei Punkten wäre in dieser schwierigen Gruppe C eine Viertelfinal-Qualifikation noch einigermassen realistisch gewesen. So liegt die K.o.-Phase in weiter Ferne. Weiter geht es gegen Schweden (13. Juli) und die Niederlande (17. Juli).
Portugal

Schweiz

Ein 2:0 gegen Portugal, noch vor der Halbzeitpause, und irgendwann mit grosser Wahrscheinlichkeit der erste Sieg an dieser EM. Ist das der erste Schritt eines Steigerungslaufs dieses Teams? Denn diesen brauchen die Schweizerinnen, wenn sie den Viertelfinal erreichen wollen. Es wartet die Weltnummer 2 Schweden und die Titelverteidigerinnen aus den Niederlanden. Da muss Nielsens Team nochmals eine Schippe drauflegen, um zu bestehen. Wobei der Nationaltrainer selbst sagt, dass diese Generation ihren Höhepunkt erst 2025 erreichen wird. Dann, wenn vielleicht in der Schweiz die EM stattfinden wird. Der SFL hat sich für die Austragung des Turniers beworben.
Noch immer haben die Schweizerinnen alles unter Kontrolle. Aber die Portugiesinnen haben in diese Partie gefunden. Irgendwann werden die Abschlüsse auch auf Thalmanns Tor fliegen. Dann wird sich zeigen, was die 2:0-Führung wert ist.
Schon wieder steigt Aigbogun ziemlich hart ein. Diesmal belässt es die Schiedsrichterin bei einer Ermahnung. Irgendwann wird sie die zweite Gelbe Karte gegen die Schweizer Aussenverteidigerin ziehen müssen.
Crnogorcevic kommt im Strafraum zum Abschluss. Ihr Schuss aus der Drehung wird allerdings geblockt. Sie muss weiter auf das 69. Tor im Nationalteam warten. Rekordtorschützin ist sie trotzdem – und seit heute auch Rekordnationalspielerin. 136 Spiele hat sie auf dem Konto und damit eines mehr als Lara Dickenmann.
Das letzte Duell der beiden Teams liegt übrigens 22 Jahre zurück. 2:0 gewann damals Portugal. Zudem ist es das erste Spiel der beiden Teams an einer Endrunde.
Pinto und Crnogorcevic prallen aneinander. Die Portugiesin liegt am Boden, was es den Schweizerinnen erlaubt, sich zur Besprechung zu treffen.
Pinto kann weitermachen.
Aigbogun sieht Gelb wegen eines Fouls. So gut es den Schweizerinnen läuft: Dass die 30-Jährige vom FC Paris schon jetzt Gelb sieht, ist ein Handicap für die restliche Partie.
Die zwei Tore geben den Schweizerinnen grosse Sicherheit. Sie dominieren diese Partie, sind im Mittelfeld überlegen, wirken ballsicherer, ruhiger, abgeklärter. Vielleicht darf man jetzt schon zum Schluss kommen, dass alles andere als ein Schweizer Sieg hier und heute eine Überraschung wäre. Und: Damit darf man halt dann doch irgendwie vom Viertelfinal träumen.
Weiter geht es nach diesem Spiel mit der Partie gegen Schweden (13. Juli) und die Niederlande (17. Juli).
Damit hat sich bereits ausbezahlt, dass Nationaltrainer Nielsen in der Innenverteidigung auf Kiwic vom FCZ und nicht auf Bühler setzte. Ihre Kopfballstärke bringt der Schweiz das 2:0 ein – der perfekte Start ist damit geschafft. Wobei sich das vielleicht nicht einmal die Schweizerinnen so erträumt hatten.
Und schon müssen wir aufpassen, dass wir hier am Ticker-Pult nicht den Anschluss verlieren. Denn es fällt schon wieder ein Tor: Innenverteidigerin Kiwic erzielt per Kopf das 2:0.
Bereits jetzt ist vergessen, dass die Schweizerinnen die Testspiele gegen England und Deutschland mit 0:11 verloren haben. Nur noch wir denken daran, weil wir uns das als Hintergrundinfo aufgeschrieben haben.
Eine Minute und 20 Sekunden sind gespielt – und schon steht es 1:0 für die Schweiz! Sow trifft mit einem herrlichen Weitschuss. Reuteler gibt den Assist, Sow erzielt ihr zehntes Länderspieltor. Sie, die vor ein paar Jahren noch als Kinderbetreuerin gearbeitet hatte und heute Profi beim FC Paris ist.
Vor Ort sind geschätzt 550 Schweizer Fans. 150 davon sind Verwandte und Freunde der Spielerinnen. Pech hatten einige, dass die Swiss genau heute ihren Flug nach Manchester gestrichen hat. Géraldine Reutelers Cousine etwa hat deswegen einen Umweg nehmen müssen: Sie reiste von Zürich nach Basel mit dem Zug, von da nach Paris, um von dort nach Manchester zu fliegen. Wir wünschen ihr, dass sich die Reise gelohnt hat.
Mit dem Pfiff der tschechischen Schiedsrichterin Jana Adámková geht die EM für die Schweizerinnen los. Das Stadion ist das Leigh Sports Village in Greather Manchester. Hier spielen normalerweise das Männer-Rugby-Team Leigh Centurions, die U19- und U23-Männer sowie die Frauen von Manchester United. Heute aber heisst die Affiche Portugal gegen die Schweiz. Wer gewinnt, hält die Hoffnung auf den Viertelfinal aufrecht. Wer verliert, darf mit der Heimreise nach der Gruppenphase planen.

Nielsens Antipode Francisco Neto stellt sein Team in einer 4-3-3-Grundordnung mit diesem Personal auf. Das Augenmerk gilt vor allem der Captain, Dolores Silva, die im Mittelfeld die entscheidende Spielerin ist.

So stellt Nils Nielsen sein Team zum Auftakt auf. In seiner 4-4-1-1-Grundordnung hält er eine kleine Überraschung bereit: Der Däne verzichtet auf die Innenverteidigerin Luana Bühler. Für sie spielt Rahel Kiwic.
Einen besonderen Abend erleben Lia Wälti mit ihrem 100. Länderspiel sowie Ana-Maria Crnogorcevic, die mit dem 136. Länderspiel ab heute alleinige Rekordhalterin ist.
Nachdem England und Österreich beim Eröffnungsspiel das Old Trafford in Manchester gefüllt haben, geht im Leigh Sports Village die Fussball-Europameisterschaft auch für die Schweizerinnen los. Und das nicht mit irgendeinem Spiel, sondern mit dem wegweisenden Duell gegen Portugal. Sowohl die Schweizerinnen als auch die Portugiesinnen sind Aussenseiterinnen in dieser Gruppe C, in der die Niederlande und Schweden den Gruppensieg unter sich ausmachen dürften.
Deswegen gilt: Will das Schweizer Team von Nationaltrainer Nils Nielsen in den Viertelfinal einziehen, muss es heute gegen Portugal gewinnen.
Das Aufwärm-Programm
Vor dem Schweizer Auftakt in dieses Turnier legen wir Ihnen Artikel zum Aufwärmen ans Herz: Fabian Sangines, unser Mann vor Ort, hat aufgeschrieben, wie viel Arbeit der Schweiz im Fussball der Frauen noch bevorsteht. Und er hat Nationaltrainer Nielsen zum Interview getroffen. Das sehr lesenswerte Resultat lesen Sie unter dem Titel «Einen Schuldigen zu suchen, ist Schweizer Nationalsport».
Zudem war Fabian Sangines vor Ort, als die EM mit dem 1:0-Sieg der Gastgeberinnen England gegen Österreich begann. Er schreibt aus dem Theater der Träume von Tränen und dem wunderbaren Start in das grosse Sommerfest.
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