Hilfe für eines der ärmsten LänderWeltbank fordert Glencore auf, mit dem Tschad die Schulden neu zu verhandeln
Der Zuger Rohstoffkonzern hat dem Land Kredite gewährt und fördert dort Öl. Doch steht dieses nach dem Tod des Langzeitherrschers Idriss Déby Itno vor unsicheren Zeiten.

Es ist ein aussergewöhnlicher Vorschlag: Weltbank-Präsident David Malpass fordert die privaten Geldgeber des Tschad auf, dem Land bei seinen Schulden entgegenzukommen. Damit ist vor allem der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore gemeint. «Der grösste Anteil an aufschiebbaren Schulden kommt von Glencore», sagte Malpass gemäss «Bloomberg» an einem Medienanlass. Es sei sehr wichtig, dass private Firmen dabei helfen, die Verbindlichkeiten des Landes auf ein tragbares Niveau zu senken.
Dass Malpass dabei eine Firma gezielt anspricht, lässt aufhorchen. Denn bislang hat die Weltbank immer nur betont, dass alle Kreditgeber eine Pflicht hätten, dem Land unter die Arme zu greifen. Glencore hat der staatlichen Erdölgesellschaft des Tschad etwas mehr als 300 Millionen Franken zur Verfügung gestellt.
Der Zuger Konzern ist damit der wichtigste Partner eines Syndikats, das dem Land rund 1 Milliarde Franken geliehen hat. Das entspricht rund 40 Prozent der Staatsschulden. Der Kredit wird vom Tschad, einem der ärmsten Länder der Welt, durch zukünftige Öllieferungen zurückbezahlt.
Der Rohstoffkonzern kommentierte eine Anfrage dieser Zeitung nicht. Er lässt aber durchblicken, dass man das Gespräch mit der Regierung des Tschad gesucht habe.
Schon zweimal hat Glencore den Kredit mit dem Tschad angepasst; das letzte Mal 2018, nachdem der Ölpreis deutlich nachgegeben hatte. Denn der Preis des Rohstoffes entscheidet darüber, wie einfach es für das Land ist, seine Schulden zu bedienen. Ein tiefer Preis bedeutet, dass das Land dafür mehr Öl exportieren muss.
Auch im letzten Jahr sackten die Ölnotierungen ab, dies wegen der Corona-Krise. Seither hat sich der Preis wieder erholt. Die internationale Energieagentur geht in den nächsten Monaten von einem stabilen Ölpreis aus.
Präsident des Tschad bei Kämpfen tödlich verletzt
Das würde dem Tschad etwas Luft verschaffen. Denn das zentralafrikanische Land ist neben dem Öl vor allem von Hilfsprogrammen abhängig. Es ist daher auch eines der ersten Länder, das vom neuen Schuldenprogramm der grössten 20 Industrienationen profitieren will. Staatliche Geldgeber wie China sollen dabei mithelfen, die Schuldenlast zu reduzieren. Sie würden es damit den ärmsten Staaten der Welt einfacher machen, aus der Corona-Krise zu kommen.
Malpass wurde von Donald Trump eingesetzt, um die internationale Zusammenarbeit zu schwächen – nun macht er das Gegenteil.
Darauf wirkt auch der US-Amerikaner David Malpass hin. Er war einst ein enger Berater des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. Malpass galt als Weltbank-Kritiker und wurde wohl auch deshalb von Trump 2019 als Weltbank-Chef portiert. Doch seither hat sich Malpass emanzipiert. Er setzt sich unter anderem dafür ein, dass sich die Weltbank im Kampf gegen den Klimawandel engagiert. Für Trump ist das ein Affront.

Die Lage im Tschad ist derweil alles andere als stabil. 31 Jahre lang herrschte dort der autokratische Staatschef Idriss Déby Itno. Ende April kam er bei Gefechten mit Rebellen im Norden des Landes ums Leben. Tags zuvor war er noch zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklärt worden. Es hätte seine sechste Amtszeit werden sollen. Das Land wird nun von einer Übergangsregierung, bestehend aus einem 15-köpfigen Militärrat, regiert. Die nächsten Wahlen sollen erst in 18 Monaten stattfinden.
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