Wie Denner den Detailhandel umkrempelte
Vor 50 Jahren eröffnete Denner in Altstetten seinen ersten «Superdiscount-Laden». Voraussetzung dafür war der Fall des Preiskartells für Markenprodukte.

Goldene und weisse Luftballons schmücken den Eingang des Denner-Express-Ladens beim Lindenplatz in Zürich Altstetten. Der Duft grillierter Bratwurst liegt in der Luft, hin und wieder rattert ein Tombola-Rad. Was sich gestern im Zürcher Aussenquartier abspielte, wirkte vordergründig unspektakulär. Die Festlichkeit soll aber an jenen Tag erinnern, als an diesem Ort ein Stück Wirtschaftsgeschichte geschrieben wurde. Auf den Tag genau gestern vor 50 Jahren eröffnete der erste «Superdiscount-Laden» der Schweiz seine Türen. Auch in der Sendung «Antenne» des Schweizerischen Fernsehens wurde über die Eröffnung berichtet. Der Berichterstatter beschreibt die Innovation im Detailhandel mit den Worten: «Superdiscount heisst: Kleinste Marge für den Detailhändler, grosser Rabatt für den Kunden.»
Grosser Andrang
Eine der damaligen Kassiererinnen, Judith Wilhelm, heute knapp 70 Jahre alt, erinnert sich an den Tumult, der sich am Eröffnungstag auf dem Lindenplatz abspielte: «Die Leute kamen von überall her. Wir waren den ganzen Tag nur am tippen. Es wurde sogar Personal eingesetzt, um die Einkäufe der Kunden einzupacken. Ein Türsteher koordinierte den Einlass in den Laden.»
Was Denner unter dem damaligen Verwaltungsratspräsidenten Karl Schweri in einer Nacht- und Nebelaktion auf die Beine stellte, wird nicht umsonst als Pioniertat bezeichnet. So wurde zwischen dem 23. und 24. Oktober der Denner-Supermarkt in Altstetten zu einem Discount-Laden umgebaut, und fortan wurden Lebensmittel zu Tiefstpreisen verkauft. Dies war möglich, weil Schweri auf die Präsentation der Ware verzichtete. «Karl Schweri selber hat Konfitüren und Dosen gleich kartonweise in den Laden gestellt», überliefert Thomas Kaderli, Mediensprecher von Denner, die Geschichte. Kassiererin Wilhelm nickt zustimmend. Bis zu diesem Zeitpunkt waren grosse Rabatte lediglich den Grossisten, die Lebensmittel kartonweise einkauften, vorbehalten. Gegenüber dem Schweizer Fernsehen erklärte Schweri das Konzept folgendermassen: «Ein Superdiscount hat in der Schweiz nur dann Erfolg, wenn man den Konsumenten die Möglichkeit gibt, einzelne Artikel zu kaufen.» Wenn man den Karton in den Laden stelle und der Kunde sich selber bedienen könne, sorge dies nicht für mehr Arbeit. Neben der Selbstbedienung, ein Prinzip das Migros 1948 lancierte, verschlankte Schweri zudem die Lebensmittel-Palette auf 1000 der am stärksten nachgefragten Artikel. Zudem verzichtete der Discount-Laden auf das Angebot verderblicher Lebensmittel wie Gemüse, Fleisch und Backwaren.
Preiskartell geknackt
Dass Schweri in der Lage war, zwei Drittel der damals üblichen Detailhandelsmarge von 33 Prozent als Preisnachlass an seine Kunden weiterzugeben, hing damit zusammen, dass 1967 die gebundenen Verkaufspreise für Lebens- und Genussmittel aufgehoben wurden. Schweris eigentliche Pioniertat bestand damit weniger in der Eröffnung eines Discount-Ladens, sondern eher darin, dass nach langwierigen Auseinandersetzungen mit der Markenartikelindustrie und deren Verband Promarca das Preisbindungskartell fällt. Von da an konnte Denner seine Lebensmittel mit einem tiefen Gewinn von 1,5 Prozent Gewinn verkaufen und Lebensmittel zu Preisen anbieten, die damals noch nicht für möglich gehalten wurden. Entsprechend gross war der Ansturm bei der Eröffnung der Filiale. Damit die Kassiererinnen gewappnet waren, wurden sie in den Tagen zuvor noch im Schnelltippen geschult. So auch Wilhelm: «Der Kurs im Vorfeld war eine gute Idee. Schweri wusste, was er tat.» Der Andrang vor 50 Jahren sei deutlich grösser gewesen als heute. Trotzdem sei es schön, wieder hier zu sein, so Wilhelm. An diesem Ort, an dem landesweit erstmals Lebensmittel zu Tiefstpreisen verkauft wurden und gestern die Bratwurst 50 Rappen kostete.
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