Recall in KalifornienWird der Sonnenstaat jetzt republikanisch?
Am Dienstag muss sich der heutige Gouverneur Gavin Newsom einem Recall stellen. Er hatte sich zwar einen guten Ruf als entschlossener Corona-Krisenmanager erarbeitet. Doch Konservativen sind die Beschränkungen ein Dorn im Auge.

Kalifornien an der Left Coast, der linken Küste, ist eine Hochburg der Demokraten. Bei der Präsidentenwahl im vorigen November war Joe Biden an der Westküste mit zwei Dritteln der Wählerstimmen dem Republikaner Donald Trump haushoch überlegen. Der Demokrat Gavin Newsom wurde 2018 dort mit grosser Mehrheit zum Gouverneur gewählt. Doch ein politisches Erdbeben könnte den 53-jährigen Politiker nun entthronen und einem erzkonservativen Republikaner zum Sieg verhelfen.
In dem bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat, für sich gerechnet die fünftgrösste Volkswirtschaft der Welt, sind gut 22 Millionen Wähler aufgerufen, am Dienstag (14. September) über den sogenannten Recall abzustimmen. In dem Verfahren müssen die Wähler entscheiden, ob sie Newsoms Abwahl wünschen und wer an seine Stelle treten soll. Eine Gruppe von Republikanern hatte im Frühjahr die benötigten 1,5 Millionen Unterschriften für ein entsprechendes Wählerreferendum gesammelt. Ein leichtes Unterfangen, denn nur ein kleiner Bruchteil von Stimmberechtigten muss den Rückruf fordern, das lassen veraltete Regeln zu.
Wie kann es in einem «blauen», traditionell demokratischen Staat zu dieser Vertrauensabstimmung kommen? «Es hing von Anfang an mit der Corona-Pandemie zusammen», meint der Politologe Dan Schnur. «Die Unterschriften schossen hoch, als Newsom einen strikten Lockdown anordnete, selber aber mit Freunden ein teures Restaurant besuchte», erzählt Schnur im dpa-Interview. Newsom entschuldigte sich für den Fehltritt, doch seine Beliebtheit sank ab. Konservative wettern auch gegen seine Migranten-Politik und machen ihn für die Obdachlosenkrise und hohe Wohnkosten verantwortlich.

46 Kandidaten ziehen bei der Recall-Wahl ins Feld, die meisten für die republikanische Partei, nur wenige mit politischer Erfahrung. Bekannt ist Reality-Star und Transgender-Aktivistin Caitlyn Jenner (71) vom Kardashian-Jenner-Clan. Trotz Star-Potenzial liegt sie in Umfragen aber weit hinter dem erzkonservativen Radiomoderator Larry Elder, der sich gegen Abtreibung und für die Todesstrafe stark macht. Der 69-jährige schwarze Herausforderer, ein Trump-Anhänger, der häufig durch kontroverse Äusserungen auffällt, ist nach jüngsten Erhebungen Punktführer. Elder kündigte an, als Gouverneur die Corona-Auflagen zu lockern. Er will gegen Masken- und Impfpflicht vorgehen.
Als Republikaner treten auch der frühere Bürgermeister von San Diego, Kevin Faulconer, und der Geschäftsmann John Cox an. Zu einer Handvoll demokratischer Bewerber gehören die Cannabis-Lobbyistin Jackie McGowan und der 29-jährige Kevin Paffrath, ein Jungunternehmer und Investor, der als YouTube-Star reich wurde.
Niedrige Hürden bei Recall
Bei einer regulären Gouverneurswahl hätten die meisten Bewerber kaum eine Chance, doch beim ausserordentlichen Recall sind die Hürden niedrig. Sollte Newsom mit einer noch so knappen Mehrheit tatsächlich abberufen werden, dann wird der Kandidat mit den meisten Stimmen sein Nachfolger, eine absolute Mehrheit ist dafür nicht nötig. Denkbar ist also der bizarre Fall, dass Newsom seinen Posten räumen muss, obwohl er zahlenmässig viel mehr Befürworter hinter sich hat, als sein Nachfolger.
Es gehe «um Leben und Tod», erklärte Newsom jüngst bei einem Wahlkampfauftritt, als Kampfansage gegen den Republikaner Elder, der im Falle seines Wahlsiegs strikte Corona-Massnahmen zurückdrehen will. Solange genügend Demokraten zur Wahlurne gehen, hat der amtierende Gouverneur nichts zu befürchten. Doch einige Umfragen legen nahe, dass die Abstimmung knapp ausfallen könnte.
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