Wohin einen die Ferienflügel tragen
Mit Puerto Plata und Figari nimmt die Edelweiss zwei neue Ziele ins Streckennetz auf. Enno Lüdtke erläutert, wie die Fluggesellschaft ihre Ziele wählt.

Im Grunde wären die Rocky Mountains das ganze Jahr über ein lohnendes Ziel. Bei Landschaftsfotografen besonders beliebt ist allerdings der Herbst, genauer der «Indian Summer» mit seinen gold-bunten Wäldern. Der fällt üblicherweise in die Zeit von Mitte September bis Anfang Oktober. Die Rockies sind ein ordentliches Stück im Landesinnern. Als bislang einzige Airline will die Edelweiss von Zürich nonstop nach Denver fliegen, und damit direkt an den östlichen Fuss der Rocky Mountains. Es gibt da nur ein Problem: Der erste Denver-Flug der bevorstehenden Saison lässt sich für Dienstag, den 9. Juni buchen – und der letzte für Freitag, den 28. August. Angesichts der Lage mit Einreisesperre in die USA eher risikoreich. Der Flugplan wurde aber natürlich schon lange festgelegt.Und gemäss diesem ist nach dem 28. August bis zum Juni 2021 so oder so Schluss; zu den Rockies gehts wenn überhaupt wieder mit Umsteigen, üblicherweise an der Ost- oder an der Westküste der USA.
Flugplan nach Saison
Bei der Fluggesellschaft mit der Blume auf dem Heck folgt die Grosszahl der Reiseziele saisonalen Trends. Von den aktuell 73 Destinationen (22 Langstrecke und 51 Kurz- und Mittelstrecke) steht kein Dutzend auf der Liste der sogenannten Year-Round-Destinations, der Ziele also, die das ganze Jahr über angeflogen werden. «Hierin unterscheiden wir uns ganz grundsätzlich von einer Hub-Airline wie etwa der Swiss», sagt Enno Lüdtke, der als Head of Corporate Development der Edelweiss für die Planung des Streckennetzes verantwortlich ist. «Die Swiss bestreitet den Businessverkehr und will dafür ein möglichst permanentes Angebot bereitstellen. Für uns als Ferienfluggesellschaft ist die Nachfrage je nach Saisonverlauf viel wichtiger.» So seien etwa die Feriendaten in der Deutschschweiz, Süddeutschland und Westösterreich mitentscheidend dafür, wie oft pro Woche eine Destination bedient wird.
Palma, Havanna, Mauritius. Klar, am Ende des Tages will jede Fluggesellschaft ihre Flugzeuge möglichst voll auslasten. Für die Edelweiss ist es aber nur auf den ersten Blick naheliegend, dorthin zu fliegen, wo die Leute gerade am liebsten Ferien machen. «Ein Ferienflug hat für viele mit Sonne, Meer und Badestrand sowie Outdoor-Aktivitäten zu tun», sagt Lüdtke. «Im Sommer ist daher die Kurzstrecke hoch im Kurs, wie etwa Mittelmeer oder Nordafrika. Im Winter geht es für viele Reisende weiter weg, entsprechend liegt der Fokus eher auf der Langstrecke.» Doch wohin genau der Passagier mit der Edelweiss in die Ferien fliegen kann, hängt noch von einer ganzen Reihe weiterer Faktoren ab. «Wir wollen zum Beispiel nicht auf einen schon gesättigten Markt aufspringen», sagt Lüdtke. Stattdessen versuche man oft, eigene neue Destinationen als potenzielle Ferientrends zu entdecken und zu lancieren.
So hat die Fluggesellschaft seit Herbst 2018 Ho-Chi-Minh-City (Vietnam) und Colombo (Sri Lanka) sowie Buenos Aires (Argentinien) aufgenommen und nun bekanntgegeben, dass sie ab dem 3. November von Zürich nach Puerto Plata (Dominikanische Republik) und ab dem 30. Mai nach Figari (Korsika) abheben wird. Wie ist man ausgerechnet auf diese Destinationen gekommen? «Immer wenn es für uns um neue Ziele geht, dann muss zunächst einmal eine Idee, eine Inspiration, da sein», so Enno Lüdtke. «Wir besuchen Messen, beobachten Reisetrends, reden mit den Reiseveranstaltern.» Ist ein potenziell neues Ziel gefunden, erörtere man zunächst das schon vorhandene Reisevolumen und die Wettbewerbssituation. Die Frage ist also: Wer bietet schon einen Flug an den Ort an, ab welchem Flughafen und zu welchem Preis?
Lüdtke macht sich mit seinem Team vor Ort auch selber ein Bild. Denn er weiss aufgrund der vergangenen Jahre, was eher zur typischen Edelweiss-Klientel passt, und was weniger. «Unser Kundenkreis besteht vorwiegend aus Familien und Paaren, seltener aus klassischen Rucksacktouristen.» Entsprechend bestünden hohe Ansprüche an die Infrastruktur vor Ort und auch an die Sicherheit. Es müsse nicht zuletzt auch vor Ort ein Interesse bestehen, in den Tourismus zu investieren. Ein hoher Hotellerie- und Gastronomie-Standard und sportliche Aktivitäten, das ist bei Ferienreisenden beliebt, gibt es aber nicht überall.
«Nicht plötzlich mehr Ferien»
Ist die neue Trend-Stadt, der exotische Strand oder das potenzielle Taucherparadies gefunden, beginnt in den Edelweiss-Büros in Kloten die grosse Arbeit an den Excel-Tabellen. «Es folgen die vertieften wirtschaftlichen und operativen Betrachtungen», erläutert der Streckennetzchef. Zum einen haben Personal, Fluggerät und Reichweite alle Limiten, zum anderen werden neue Linien mit den Partnern-Airlines innerhalb des Lufthansakonzerns abgeglichen. Ferienflugverkehr sei letztlich, wie alle Bereiche der Touristik, immer auch ein Verdrängungswettbewerb. «Und nur weil wir mehr Kapazitäten schaffen, haben Herr und Frau Schweizer ja nicht plötzlich mehr Ferien.»
Hat es die neue Destination in den Edelweiss-Flugplan geschafft, dann bleibe sie vorerst auch da, versichert Enno Lüdtke. «Man beobachtet die Zahlen und gibt jedem neuen Reiseziel eine Chance, zur nächsten Trenddestination zu werden.» Gleichzeitig reagiere man aber auch auf Faktoren, die die Nachfrage positiv oder negativ beeinflussen. Als Beispiel nennt Lüdtke Colombo. «Die Destination war ab dem ersten Flug unglaublich erfolgreich, und wir wollten die Frequenz von zwei auf drei wöchentliche Flüge ausbauen. Dann kamen die Bombenanschläge in Sri Lanka und die Nachfrage brach zunächst völlig ein.» Die Destination habe sich schnell wieder erholt - Edelweiss ist aber bei zwei Flügen geblieben.
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