Sweet Home: «Slow Living» mal andersWohnen Sie langsamer – es lohnt sich!
Diese Anregungen und Ideen zeigen, wie Sie im hektischen Alltag ab und zu die Zeit anhalten und einfach leben können.
Auf der Suche nach der Zeit

Kennen Sie das? Man ist immer irgendwo in der Zukunft und managed die Gegenwart, so gut es eben geht. Dabei fliegt einem die Zeit in Lichtgeschwindigkeit davon. Jeder hat seine Tricks, um das ein wenig abzubremsen. Bei mir sind es die Pausen mit meinem Hündchen Daisy, die ich ganz selbstverständlich in meinen Alltag einflechte. Dabei nutze ich das Handy bloss, um ab und zu ein Foto zu machen, schwatze viel mit ganz unterschiedlichen Menschen, die ich im Wald oder am See kennenlerne. Und die Zeit steht still.
Das ist natürlich nicht das «Slow Living», das so stark im Trend ist. Dabei geht es mehr um Sorgfalt, Bewusstsein, Meditation und viele andere gute Sachen. Das klingt natürlich alles famos und wunderbar – doch fehlt mir eben die Zeit dafür. So absurd es klingt, aber langsamer zu leben und zu wohnen funktioniert bei mir nur, wenn ich mir nicht allzu viele Gedanken darüber mache und mir einfach die Musse schnappe, wenn sie gerade da ist. Zuhause helfen dabei ein bequemes Sofa, das einen umarmt, warmes Licht, das für Wohnlichkeit sorgt, und sinnliche Farben, die Lebensfreude ausstrahlen.
Lesen als zweites Leben

Man findet wieder stärker zu sich selbst zurück und zu den Dingen und Tätigkeiten, die das Leben echt bereichern. Klar klammert man dabei nicht die technischen Fortschritte aus, die vieles vereinfachen. So lese auch ich ab und zu im Bett auf dem Tolino; meine Augen danken es mir.
Aber richtige Bücher sind einfach viel schöner zu lesen. Man kann sie anfassen, sie riechen, darin blättern. Leider habe ich keinen Lieblingsbuchladen mehr in meiner Stadt. Umso mehr freue ich mich, wenn ich wieder nach London oder Paris reise, denn dort gibt es sie, die inspirierenden Buchläden, die für Menschen sind, die wirklich gerne lesen und nicht nach lilafarbenen Büchern mit goldener Schrift suchen, zu denen gleich noch das passende Geschenkpapier oder ein doofes Gadget angeboten werden.
In Zürich gibt es aber zum Glück noch fantastische Antiquariate. Um diese zu besuchen, braucht es Zeit und Geduld, aber es lohnt sich, denn man taucht in eine andere Welt ein – ein bisschen wie Alice hinter den Spiegeln. So ein Besuch im Antiquariat ist wohl eines der schönsten Beispiele für «Slow Shopping». Und es führt zu «Slow Living», denn wenn man gerne liest, dann schafft man sich daheim die Zeit und den Platz dafür.
Slow Social und neue Briefe

Richtiges Lesen wurde bei vielen von Social Media verdrängt. Auch dort macht sich eine neue Tendenz bemerkbar, nämlich «Slow Social». Viele Dinge werden mit Attributen angeboten, wie «handgemacht», «von kleinen Produzenten» oder «in Manufakturen hergestellt». Es macht glücklicher und ist besser für die Welt, wenn man weniger Massenware konsumiert und mehr auf lokal, regional und handgemacht setzt.
Und langsam entdeckt man das auch bei den sozialen Medien. So geht man mit Instagram & Co. persönlicher und mit Bedacht um. Man folgt vermehrt Menschen, die man wirklich kennt, und lernt einige, denen man folgt, auch real kennen. Klickzahlen und Likes sind kein Sport mehr, sondern man achtet vermehrt auf die Qualität und auf die Zeit, die jemand sich nimmt, um etwas wirklich anzuschauen und zu lesen.
So sind auch Newsletter wieder im Trend. Sie sind persönlicher, dichter und interessanter geworden. Auch ich schreibe in diesem Sinne ganz neu einen wöchentlichen Newsletter für Sweet Home. Dabei mache ich nicht nur auf die wichtigsten Geschichten des Blogs aufmerksam, sondern erzähle ein wenig von meiner Woche, verrate Entdeckungen, zeige hübsche und ausserordentliche Dinge, Möbel, Schaufenster, aber auch Rezepte, Instagram-Posts, Lieblingsbücher und Geschichten von anderen. Abonnieren Sie doch hier den «Sweet Home»-Newsletter. Er ist gratis und stimmt Sie jeden Freitagnachmittag aufs Wochenende ein.
Sinn für Sinnlichkeit

Um das Zuhause authentisch, unverwechselbar und interessant zu gestalten, braucht es die Sinnlichkeit. Egal welchen Wohnstil man pflegt, in welcher Wohnsituation man wohnt: Setzen Sie auf Dinge aus der Natur, Sachen, die eine Geschichte erzählen. Bücher, persönliche Lieblingsstücke, Farben, Kunst, Musik, Düfte und Licht sind genauso wichtig wie ein Bett, ein Tisch oder ein Sofa. Sie helfen, dass man in der Wohnung auch lebt, etwas zu tun hat, visuell inspiriert ist und sich geborgen fühlt.
Tausendundein Ding

Kürzlich kommentierte jemand auf meinem Instagram-Account bei einem Bild von meiner Wohnung: «Was für ein Durcheinander». Ganz abgesehen davon, dass mich Menschen, die sich nur melden, wenn Sie meckern können, nicht interessieren, gibt es auch bei den Kommentaren Regeln des Anstands. Dieses «Durcheinander» ist mein Leben. Ich brauche Dinge, die mein Leben reflektieren, die mich inspirieren und mich aktiv wohnen lassen. Sie machen mich glücklich. In Wohnungen, in denen nichts herumliegt, keine Bücher da sind, keine Bilder an der Wand, bekomme ich so etwas wie Platzangst. Meiner Meinung nach gilt: Jedem sein Ding – auch wenn es tausendundein Dinge sind.
Kleine, grosse Welten

Langsam zu wohnen bedeutet, das Beste und Schönste aus dem zu machen, was man hat. Und zufrieden damit zu sein. Dabei hilft die Liebe zu kleinen Dingen, zu Sammelstücken, zu Büchern und Bildern. Sie regen an und eröffnen Welten. Alle, die gerne lesen, Filme sehen oder Ausstellungen besuchen, wissen, dass sie so mit kleinstem Aufwand in neue, grosse Welten reisen können.
Zu Hause können Sie dazu anregen, indem Sie Dinge lebendig und anregend platzieren. Bücher, die bloss im Regal stecken oder schönes Geschirr, das hinter Türen im Küchenschank steckt, leben ein verlorenes Dasein. Stapeln Sie immer wieder einige Bücher, die Ihr Interesse wecken können, auf dem Couchtisch, neben dem Bett oder sonst in greifbarer Nähe. Schönes Geschirr möchte man nicht nur an einem seltenen Festessen sehen. Entscheiden Sie sich für Vitrinen, stellen Sie Geschirr zu anderen Dingen auf offene Regale oder hängen Sie besonders schöne Teller auch mal an die Wand wie ein Bild.
Lebensfreude überall

Ich war in vielen Häusern und das in vielen Ländern. Was mir immer wieder auffällt, ist, dass Menschen, die aktiv wohnen, improvisieren können und schnell mit nichts viel zaubern, mehr Lebensfreude und auch Freude am Wohnen und Sein ausstrahlen. Es lohnt sich also, sich darin ein bisschen zu üben, denn diese Talente lassen uns mehr von den schönen Momenten erhaschen.
Kleine Freuden im Alltag

Wenn Sie das Improvisieren gelernt haben, dann feiern Sie vielleicht öfters mit einem einfachen Nachtessen ein kleines Fest. Dafür stecken Sie bunte Kerzen in allerlei Ständer und stellen einzelne Blüten in Gläser und Flaschen. Wie wärs mit einem Picknick auf dem Wohnzimmerboden, um das Beste aus einem regnerischen Sonntag zu machen? Und wenn Sie schon dabei sind, Momente stärker zu erleben: Malen Sie Ihr Familienleben auch mal auf Leinwand oder lassen Sie Fotos von schönen Momenten vergrössern.
Von Hand arbeiten

Ich habe es bereits erwähnt: Handwerk und Handarbeiten gehören zum langsamen Leben. Und es gibt einen perfekten Ort, an dem man das auch selbst umsetzen kann: das Zuhause. Setzen Sie sich auf Ihren Lieblingssessel und häkeln Sie sich eine solch coole Weste, streichen Sie ein Möbelstück selber an, färben Sie Ihre Bettwäsche oder zimmern Sie ein Regal. Slow Living bedeutet auch, sich tatkräftig mit seiner Umgebung und seinem Leben auseinanderzusetzen und nicht einfach bloss passiv zu konsumieren.
Vergessen Sie nicht, zu feiern

Nicht nur grosse und bedeutende Ereignisse sind es wert, gefeiert zu werden, sondern auch der Alltag. Ich erinnere mich an meinen ersten Job nach der Schule. Ich wurde Designerin in einer Leinenweberei in der Nähe von Bern. Dort bekam ich eines Tages in meinem Atelier einen Anruf vom Chauffeur der Firma, einem freundlichen Riesen mit Bürstenschnitt. Er meinte: «Chömed übere, Frou Choller, äs git Schlüferli und Himbeerlikör.» Was denn gefeiert werde, wollte ich wissen. Die Antwort: «Hundert Jahre Freitag!»
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