Geldberater: Der Marktschrei(b)erZu den Aktien gibt es keine Alternative
BKW erntet die Früchte +++ Bachem hat Grosses vor +++ VZ setzt auf die Alten +++ Hut ab vor Zehnder.

SPI: Aktien kaufen
Was für ein Jahr! Als im Frühling die Börsen weltweit in die Tiefe rauschten, wurde mir – wie wohl so manchem Anleger – zwischenzeitlich angst und bang. Das um sich greifende Coronavirus und vor allem die Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie kündigten eine tiefe Rezession an. In kurzer Zeit verlor der Schweizer Aktienmarkt, gemessen am Swiss Performance Index (SPI), mehr als ein Viertel seines Werts. Pessimismus griff um sich. Und heute? Zum Jahresende steht der Leitindex über dem Ausgangsniveau von 2020, manche Aktien notieren gar deutlich im Plus, aber dazu später mehr. Ich reibe mir die Augen. Denn gebannt sind die Pandemie und ihre Auswirkungen nicht. Das eingeschränkte Wirtschaftsleben wird längere Zeit zu unserem Alltag gehören – Impfstoff hin oder her. Doch die Börsen schauen bereits weiter voraus. Auch wenn damit wohl ein Grossteil der wirtschaftlichen Erholung eingepreist ist, sehe ich derzeit nicht, was den Schweizer Aktienmarkt nachhaltig erschüttern könnte. Niedrigzinsen und Geldflut begleiten uns auch 2021 und machen Aktien zur Anlage der Wahl – auch den breiten Index. Kaufen
Bachem: Dosiert kaufen
Zu den besten an der Schweizer Börse gehörten 2020 die Aktien von Bachem – plus 150 Prozent. Sie gefallen mir. Bachem ist in einem technologisch anspruchsvollen Gebiet kleiner Moleküle aktiv, den Peptiden und neuerdings auch den Oligonukleotiden. Nur wenige können sie herstellen. Bachem ist ein typisch schweizerisches Unternehmen, das Qualität und Zuverlässigkeit grossschreibt. Bei Peptiden ist es Weltmarktführer, bei Oligonukleotiden will es in drei bis fünf Jahren auch zu den drei Grössten gehören. Natürlich würden Grossaufträge dabei helfen. Einen solchen könnte Novartis platzieren. Novartis erwartet demnächst die Zulassung eines neuartigen Blutdrucksenkers mit einem Oligonukleotid als Wirkstoff. Seit vergangenem Frühling sitzt der oberste Produktionschef von Novartis im Verwaltungsrat von Bachem. Ich reime mir da meinen Teil dazu. Gewiss, so steil wie 2020 wird es mit den Aktien kaum nach oben gehen. Auf dem Niveau sind auch Rückschläge möglich. Dosiert kaufen
BKW: Kaufen
Zu den klaren Gewinnern gehörte auch BKW. Der Energiekonzern bestand den Stresstest in der Krise: Er verzeichnete ein überraschend starkes erstes Halbjahr 2020. Ich freute mich vor allem darüber, wie sich die Investitionen ins Dienstleistungsgeschäft auszahlten, der Bereich wuchs erneut stark. Unter Chefin Suzanne Thoma wurde er in den vergangenen Jahren – vor allem mittels Übernahmen – stetig ausgebaut. Er bildet heute neben den Netz- und dem Energiesegment ein drittes Standbein. Das Geschäft ist also gut diversifiziert, was sichtlich ein Vorteil war 2020. Ausserdem setzt das Unternehmen seit einiger Zeit auf erneuerbare Energien; von der Atomenergie hat es sich verabschiedet. Auch das kommt bei Investoren zunehmend gut an. Was mir überdies gefällt: Thoma hat nach Jahren mit hohem Wachstumstempo angekündigt, etwas konsolidieren zu wollen. Das halte ich für vernünftig. Gut möglich, dass es dann auch für die Aktien nicht mehr ganz so steil nach oben geht, eine sichere Rendite – nicht zuletzt wegen der quasi garantierten Dividende aus dem stabilen Cashflow – bieten sie aber dennoch. Kaufen
VZ Holding: Dosiert kaufen
Gar mit einer blütenweissen Weste hat die VZ Holding das Börsenjahr 2020 abgeschlossen. Die Aktien des Vermögensberaters und -verwalters notieren um mehr als ein Drittel über ihrem Wert vom Januar. Das Unternehmen profitiert dabei vom geringen Kreditrisiko auf seinen Büchern, finanziert werden höchstens Hypotheken. Dazu kommt der steigende Bedarf an Beratungen für Altersvorsorge und Vermögensplanung. Die Abhängigkeit vom stetig erodierenden Zinsgeschäft ist gering. Schaue ich mir den demografischen Wandel in unserer Gesellschaft an, dürfte der Zufluss an Neugeld weiter zulegen. Ein solch stabiles Geschäftsmodell hat allerdings seinen Preis. VZ-Titel werden zum mehr als Fünffachen ihres Buchwertes gehandelt, und das Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2021 liegt bei 27 – äusserst hoch für einen Finanzdienstleister. Für den Moment scheint die stattliche Bewertung gerechtfertigt. Ich frage mich allerdings, wie lange es dauert, bis der Pool der Generation 50+, die an Altersvorsorge interessiert ist, ausgeschöpft ist. Dosiert kaufen
Zehnder: Kaufen
Auch so manches Unternehmen, das nicht auf dem Radar war, überraschte trotz widriger Umstände positiv. Etwa der Raumklima-Experte Zehnder. Das Unternehmen hat seit 2018 regelmässig die Prognose wiederholt, mittelfristig einen Betriebsgewinn, bezogen auf den Umsatz, von 8 Prozent zu erreichen. Wann genau es so weit sein soll, wurde allerdings nicht verraten. Nun scheint es prompt 2020 geschafft zu sein. Das Mittelfristziel liege in Griffweite, hiess es vor einigen Tagen. Hut ab, kann ich da nur sagen. In einem Jahr, in dem die Corona-Pandemie der ganzen Branche das Leben schwergemacht hat, den Gewinn trotz weniger Umsatz deutlich zu steigern, ist aller Ehren wert. Die Börse hat den Erfolg honoriert und die Valoren zum Jahresende auf den höchsten Stand seit fünf Jahren geschickt. Das ist aber sicher nicht das Ende der Kursentwicklung, denn die Energiewende und der steigende Bedarf an Anlagen für ein gesundes Raumklima bieten gute Wachstumschancen. Zudem werden die Effizienzgewinne wohl kaum wieder hergegeben. Ich schliesse mich daher der «Finanz und Wirtschaft» an, die schon seit geraumer Zeit positiv eingestellt ist. Kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung.
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