Zürcher Obergericht: Ex-Banker Elmer kämpft erneut für Freispruch
Der Ex-Banker Rudolf Elmer muss sich heute Donnerstag wegen Bankgeheimnisverletzung und Urkundenfälschung vor dem Zürcher Obergericht verantworten.

Der 60-Jährige, der sich als Whistleblower sieht, verlangt Freisprüche. Der Staatsanwalt hält ihn hingegen für einen «gewöhnlichen Verräter».
Vor dem Bezirksgericht Zürich hatte Rudolf Elmer im Januar 2015 einen Teilerfolg erzielt. In erster Instanz wurde der Ex-Banker in verschiedenen Punkten freigesprochen.
Rudolf Elmer, der sich als Whistleblower sieht, verlangt Freisprüche. Der Staatsanwalt hält ihn hingegen für einen "gewöhnlichen Verräter".
Während der Staatsanwalt noch eine Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert hatte, verhängte das Bezirksgericht bloss eine bedingte Geldstrafe von 300 Tagessätzen.
Das Urteil hat Elmer erwartungsgemäss dennoch angefochten: Der Whistleblower will auch die Verurteilung wegen Bankgeheimnisverletzung und Urkundenfälschung vom Tisch haben. Er verlangt Freisprüche.
Der «Fall Elmer» zieht sich inzwischen über viele Jahre hin: Ab 2003 führte Elmer gemäss Anklageschrift «einen sehr vielseitigen und äusserst hartnäckigen Kampf gegen die Bank Julius Bär». Für diese war er auf den Cayman Islands tätig, war aber entlassen worden.
Im Dezember 2007 oder im Januar 2008 soll es dann gewesen sein, als Rudolf Elmer der damals noch unbekannten Enthüllungsplattform WikiLeaks geheime Bankdaten zur Veröffentlichung zukommen liess. Und im Januar 2011, zwei Tage vor einem ersten Prozess vor dem Zürcher Bezirksgericht, überreichte Elmer in London medienwirksam zwei CDs an den WikiLieaks-Gründer Julian Assange. Diese sollen aber leer gewesen sein.
Die Figur Rudolf Elmer wird unterschiedlich wahrgenommen. Für eine Seite, zu der er selber zu zählen ist, ist er der Whistleblower, der gegen böse Bankmachenschaften ankämpft. Für die andere Seite, zu der der Staatsanwalt gehört, handelt es sich um einen «normalen Verräter», der eine «endlose Fehde gegen seine frühere Arbeitgeberin» führte.
Er sei zu Unrecht im Gefängnis gewesen, sagte er während der Befragung durch den Richter. Und in einer längeren ersten Stellungnahme meinte er, es hätte gar kein Strafverfahren gegen ihn eröffnet werden dürfen.
Der Ex-Banker wies in seiner vor Gericht verlesenen Stellungnahme darauf hin, dass es sich gar nicht um Bankdaten gehandelt habe. Die Daten stammten nicht von Kunden der Bank Julius Bär, sondern von der Julius Baer & Trust Company Ltd auf den Cayman Islands, sagte der 60-Jährige unter anderem. Das sei eine Treuhandgesellschaft, keine Bank.
«Der Begriff Bankdaten ist irreführend», sagte Elmer. Das sei die triviale Ausgangslage. «Es hätte gar nie zu einem Verfahren wegen Verletzung des Schweizer Bankgeheimnisses kommen dürfen.»
Elmer spricht von «Psychoterror»
Der Schaden, den er erlitten habe, sei immens, sagte der 60-Jährige. Er habe den sozialen Tod erlitten. Seit zehn Jahren finde er keine Arbeit, womit ihm Einnahmen im Umfang von konservativ geschätzten zwei Millionen entgangen seien. Vor Gericht forderte er deshalb eine angemessene Genugtuung.
Das Strafverfahren bezeichnete Elmer als «dubios» und sprach von «Psychoterror durch die Staatsanwaltschaft». Während seiner Zeit hinter Gitter von Januar bis Juli 2011 habe er etwa seine Tochter nur einmal wöchentlich für eine Stunde durch eine Scheibe hindurch sehen können. Der Druck der vergangenen Jahre habe zu bleibenden gesundheitlichen Schäden geführt. Sowohl psychischen als auch physischen.
Zwei verschiedene Verhandlungen
Vor Obergericht werden zwei Berufungsverhandlungen geführt. Bei der ersten wird Elmer insbesondere vorgeworfen, geheime Bankdaten an verschiedene Steuerämter und an Medien zugestellt zu haben.
Es handelt sich um eine Fortsetzung eines Berufungsprozesses vom 17. November 2011. Damals wies das Obergericht die Anklageschrift nach der Befragung und den Plädoyers an die Staatsanwaltschaft zurück, welche die Anklage präzisieren und ergänzen musste.
Im zweiten Berufungsverfahren wird Elmer vorgeworfen, im Januar 2008 Bankdaten an die damals noch unbekannte Enthüllungsplattform WikiLeaks geliefert zu haben. Zudem hat der Ex-Banker im Januar 2011 in London an einer vielbeachteten Medienkonferenz zwei CDs an WikiLeaks-Gründer Julian Assange übergeben.
Das Plädoyer der Verteidigung steht aus. Diese dürfte Freisprüche fordern. Die Ausführungen der Staatsanwaltschaft sind ebenfalls noch nicht erfolgt. In erster Instanz hatte sie Freiheitsstrafen von einem Jahr (Fall 1) und dreieinhalb Jahren (Fall 2) gefordert. Zudem beantragte sie ein Berufsverbot. Das Obergericht hat für die Verhandlung zwei Tage angesetzt.
Supporter singen für Elmer
Vor dem Obergericht bekundete am frühen Donnerstagmorgen ein knappes Dutzend Personen aus dem Umfeld der AL ihre Unterstützung für Rudolf Elmer. Supporter hielten Plakate in die Höhe. Auf einem stand etwa: «Whistleblower brauchen Schutz, keinen Knast». Die Gruppe intonierte mit Gitarrenbegleitung vor dem Gerichtsgebäude zudem einen «Steueroase«-Song.
SDA/huy
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