Mamablog: Frühe versus späte MutterschaftZwischen unseren Kindern liegen zwei Jahrzehnte!
Unsere Autorin wurde mit 39 Mutter, ihre Freundin mit 20. Was macht das mit einer Freundschaft?

Ich bin eine alte Mutter. Eine spät berufene Mutter tönt natürlich besser. Unsere Tochter war an meinem 40. Geburtstag knapp einen Monat alt. Sybille, meine Freundin sowie mein Kindergarten- und Primarschulgspänli wurde knapp zwei Jahrzehnte vor mir Mutter. Sie war also gut 20 Jahre alt, als ihr Sohn auf die Welt kam.
Ich beneide sie nicht darum, dass sie anno dazumal wohl als junge Mutter mehr Kräfte und Energie hatte als ich mit 40. (Hat sie auch heute noch, weil sie bei der Energie-Vergabe mindestens zweimal angestanden ist.) Aber – ich beneide sie darum, dass ihre «Kleinkind-Zeit» noch vor der «Smartphone-Zeit» stattgefunden hat.
So praktisch das Smartphone auch ist: Es ist auch ein Zeitfresser, Zerstreuer, Druckmacher – kurz: oftmals unnötig und mehr Fluch als Segen. Ganz zu schweigen von den Herausforderungen, wenn dann die Kinder selber eines besitzen. Aber das ist ein anderes Thema.
Sybille hat mich hingegen beneidet, dass ich in ihrer «Windelzeit» aus ihrer Sicht alle Länder dieser Welt und die ganze Schweiz bereist habe. Was natürlich nicht stimmt. Es handelte sich vor allem um England, Burkina Faso, Frankreich und Peru. Aber in ihren Augen lebte ich wohl die grösstmögliche Freiheit. Was natürlich stimmt – obwohl mir das nicht gross bewusst war, denn für mich war es normal. Studium eben. Semesterferien wurden genutzt, um in der Schweiz Geld zu verdienen, damit ich mir zum Beispiel in Schottland einen Volunteer-Job organisieren konnte.
Wichtige Zutaten? Interesse, Toleranz, Neugier, Offenheit und Freude am Austausch.
Sie reist jetzt, hat einen spannenden Job, einen riesigen und wunderschönen Garten und macht eine Weiterbildung. Ich bin in der «Windelzeit», freue mich sehr über ihre Postkarten aus Irland, Finnland und von anderswo. Natürlich profitiere ich manchmal von ihrer Erfahrung als vierfache Mutter. Zudem hat sie nun mehr Freiheiten, kann mich besuchen und mich mit ihrem Know-how über Kunst, Fotografie, Schönheit und Garten unterstützen. Früher ging eher ich sie besuchen (was rückblickend öfters hätte sein können) und genoss jeweils die Lebendigkeit in ihrem Zuhause.
Gibt es ein Geheimrezept?
Ihr erstes Kind kam auf die Welt, als ich für neun Monate in England war. Ich habe es geliebt, Fotos von ihr und ihrem Säugling geschickt zu bekommen. Ich habe sie allesamt in meinem Zimmer aufgehängt. Erst seit ich selbst Kinder habe, staune ich, dass sie sich die Zeit dazu genommen hat, und winde ihr im Nachhinein ein Kränzchen dafür – auch wenn ich inzwischen erfahren habe, dass ihr erster Sohn ein Vielschläfer war.
Sowieso bin ich Gott, dem Schicksal oder dem Leben – wie auch immer Sie es nennen wollen – nicht nur dankbar, dass ich Mutter sein darf, sondern auch, dass unsere zwei so verschiedenen Lebenswege unserer Freundschaft bis jetzt nichts anhaben konnten. Das ist gar nicht selbstverständlich. Gibt es ein Geheimrezept dafür? Ich glaube nicht. Wie so vieles im Leben ist es wohl ein Stück weit auch ein Geschenk.
Trotzdem gibt es ein paar wichtige Zutaten. Die da wären: Interesse, Toleranz, Neugier, Offenheit, Freude am Austausch. Konkret heisst das zum Beispiel, dass Sybille auch als Mutter noch über andere Dinge gesprochen hat als nur über ihre Kinder.
Am anderen Leben teilhaben
Als ich zwei Jahre in Peru lebte und Sybilles Kinder zwischen Null und sieben Jahre alt waren, schickte sie mir immer wieder Post. Sogar zwei CDs. Eine davon mit Fotos von ihrer Keramik-Ausstellung und die «Mitsing-Wiehnacht» von Andrew Bond, weil ihr ältester Sohn dieses Musical in der Schule aufführte.
Beides rührt mich noch immer: Dass ich auf diese Art und Weise ein bisschen an ihrem Leben teilhaben durfte, obwohl der Atlantik zwischen uns lag. Die Musik hörte ich in Peru das ganze Jahr durch. Jetzt freue ich mich, dass ich diese Lieder mit meinen Kindern singen und hören kann.
Kürzlich kam mir übrigens der Gedanke, ob wohl zwischen unseren ersten Enkelkindern (falls wir denn welche bekommen) auch knapp zwei Jahrzehnte liegen werden. Hoffentlich sind wir dann immer noch Freundinnen.
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